Graz - Vor wenigen Tagen ist im Steiermärkischen Landesarchiv die neue Ausstellung "Ein.Blick" eröffnet worden. Gezeigt werden rund 300 historische Fotografien aus der in den 1860ern begonnenen Sammlung. Die Aufnahmen veranschaulichen einerseits die Entwicklung der Fotografie, andererseits dokumentieren sie 150 Jahre steirische Geschichte.

Das Foto aus dem Jahr 1856 zeigt Graz (Blick vom Nikolaiplatz in Richtung Schlossberg) mit Albrechtsbrücke, Kettenbrücke und Franziskanerkirche. Die Aufnahme stammt von Johann Bosch (auch Posch).

Foto: Johann Bosch/Steiermärkisches Landesarchiv

Kuratiert wurde die Ausstellung von Heinz Kranzelbinder, Leiter des Studios für Reprographie & Medienkonvertierung im Landesarchiv, und der Grazer Fotohistorikerin Barbara Schaukal. "Für mich war es eine wunderbare Erfahrung, nach Langem wieder mit historischen Fotografien arbeiten zu können. Es war eine Reise in wohl vertraute und trotzdem neue Welten. Vor uns haben sich Schätze aufgetan, von denen wir bisher nur vermuten konnten, dass es sie gibt", so Kranzelbinder.

Das Gruppenfoto vor der Kulisse einer Etage am Erzberg ist um 1870 entstanden. Dazu der Bildtext der Ausstellung: "Die gestellt wirkende Aufnahme zeigt einen Tagbau am steirischen Erzberg. Neben den drei Arbeitern im Hintergrund und den zwei Männern mit Jungen in der linken Bildhälfte vermitteln die drei übrigen Personen einen sehr platzierten Eindruck. Zwei dieser Bergbeamten oder Offiziere tragen ein 'Geleuchte' (Grubenlampe) und Bergschwert, die linke Person zudem den 'Bergkittel' samt Schulterkragen und das 'Arschleder'; die Person auf der Leiter hält keinen Schlägel und somit ein ungeeignetes Werkzeug in der Hand, ihren Rock hat sie abgelegt (rechter Bildrand). Auch der Grubenhunt mit der gut sichtbaren Füllung erscheint angesichts der sonst verwendeten hölzernen Schubkarren gestellt. Gemeinsam mit dem Grubengeleuchte soll vielleicht ein Eindruck von alter Bergmannsherrlichkeit im (untertägigen), über Jahrhunderte geübten Grubenbau vermittelt werden - ein Abbauverfahren, das immer mehr dem modernen, wirtschaftlicheren Tagbau zu weichen hatte."

Foto: Steiermärkisches Landesarchiv

Die Ausstellung ist in drei Bereiche geteilt: Personen, Ortsansichten (darunter bisher unbekannte Aufnahmen vom Erzberg) und Ereignisse. Einige der Fotos stammen aus der Frühzeit der Fotografie. Zu den ältesten Fotos gehören ein um 1850 aufgenommenes Porträt (Daguerrotypie) des Joanneumsarchivars Joseph Wartinger und eine Serie von drei Aufnahmen Erzherzog Johanns.

Die Aufnahme von Erzherzog Johann von Österreich (1782-1859) in Feldmarschallsuniform, mit Goldenem Vlies und Großkreuzen des Militär-Maria-Theresien- und Leopold-Ordens, ist im Dezember 1849 im Atelier Vogel in Frankfurt am Main entstanden.

Foto: Fritz und Julie Vogel/Steiermärkisches Landesarchiv

"Fotos sind ein wichtiger Erinnerungsträger, sowohl für die persönliche als auch die kollektive Erinnerung. Erinnerung ist ein wesentlicher Teil unserer Identität. Fotografien genauso wie die schriftlichen Quellen zu erhalten, zu erforschen und zugänglich zu machen, ist eine wichtige Aufgabe des Landesarchivs. Erstmals in der Geschichte des Hauses werden die in zahlreichen Archivbeständen enthaltenen Fotografien systematisch erfasst, die Technik bestimmt und, so weit möglich, auch die Fotografen und die Provenienz festgestellt", erläutert Josef Riegler, Direktor des Landesarchivs. Die Ausstellung ist ein erstes Ergebnis dieser Arbeit, die noch mehrere Jahre andauern wird.

Das Foto von Männern in Badeanzügen (1920er/1930er Jahre) stammt aus dem privaten Fotobestand der Familie Mauerhofer.

Foto: Steiermärkisches Landesarchiv

Parallel zur Aufarbeitung des Bestandes führt das Landesarchiv in Kooperation mit dem Verband Österreichischer Archivarinnen und Archivare eine Reihe von einschlägigen Workshops durch. "Wir wollen nicht nur das für den Umgang mit historischen Fotografien erforderliche Fachwissen im Haus vertiefen, sondern dieses Wissen auch mit Kolleginnen und Kollegen in Archiven, Bibliotheken und Museen teilen", so Riegler.

Das Foto ist während des Bergarbeiterstreiks im weststeirischen Kohlerevier im September 1933 entstanden. Der Streik richtete sich gegen Lohnkürzungen und Eingriffe in das Bergrecht, die weitere finanzielle und soziale Verschlechterungen für die Bergarbeiter bedeuteten. Viele Bergarbeiter streikten in den Gruben und wurden von ihren Familien und Geschäftsleuten aus der Umgebung, die mit den Bergleuten sympathisierten, in den Gruben versorgt.

Foto: Steiermärkisches Landesarchiv

Aus den Jahren 1964 bis 1992 besitzt das Steiermärkische Landesarchiv mehr als 120.000 Negative, meist Kleinbilder. Das Foto aus dem Jahr 1969 von Franz Hruby zeigt den Nationalratsabgeordneten Josef Schlager (zweiter von links) in Frauenburg. Auf dem Anwesen der Sägearbeiterfamilie Scheuerer übergab Schlager der Familie ein transportables Philips-Fernsehgerät. Dieses hatte einer der Söhne bei einem von der SPÖ für die junge Generation durchgeführten politischen Quiz gewonnen. Links neben dem Abgeordneten ist Ortsvorsteher Hugo Gekle zu sehen, auf der rechten Seite SP-Bezirkssekretär Ludwig Sponer.

Link
Steiermärkisches Landesarchiv
Karmeliterplatz 3, 8010 Graz

Die Ausstellung "Ein.Blick. Die fotografischen Bestände des Steiermärkischen Landesarchivs" ist bis Ende 2012 zu sehen.
Öffnungszeiten: Mo, Di und Do von 9 bis 16 Uhr, Mi von 9 bis 18 Uhr.
(red)

[Alle Fotos wurden derStandard.at vom Steiermärkischen Landesarchiv als Besitzer der Originale zur Verfügung gestellt.]

Foto: Franz Hruby/Steiermärkisches Landesarchiv