Innsbruck - Das Ermittlungsverfahren gegen fünf Staatsanwälte wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs im Fall Natascha Kampusch ist laut dem früheren Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) Ludwig Adamovich am Innsbrucker Landesgericht "in guten Händen". Das erklärte er Montagmittag am Rande seiner Befragung durch Ermittlungsrichter Georg Putz in Innsbruck. Man sei bis dato den Sachverhalt "chronologisch durchgegangen", meinte der frühere Spitzenjurist. Am Montagnachmittag werde er zu Kampuschs Buch "3096 Tage" "einiges zu sagen" haben.

Auf die Frage, ob im Zuge des Verfahrens auch die Chance bestünde, den Fall im Hinblick auf eine mögliche Mittäterschaft neu aufzurollen, sagte Adamovich: "Da muss man abwarten. Jetzt ist hier einmal ein Verfahren anhängig. Aber Chancen gibt's immer".

Er "vermute fest", dass seine Einvernahme am Landesgericht Innsbruck noch heute abgeschlossen werden könne, meinte Adamovich außerdem. Mehr wollte er dazu inhaltlich nicht preisgeben.

Keine weiteren Zeugenbefragungen

Ermittlungsrichter Georg Putz sagte vor Beginn der Befragung, dass in dieser Woche keine weiteren Zeugenbefragungen anstünden. Für die Einvernahmen der fünf Staatsanwälte sei vorerst noch kein Termin fixiert worden. Weil es sich um ein laufendes Ermittlungsverfahren handle, könne er inhaltlich nichts dazu sagen, betonte der Ermittlungsrichter.

Am 26. und 27. Mai war bereits Johann Rzeszut, der ehemalige Präsident des Obersten Gerichtshofes, am Innsbrucker Landesgericht befragt worden. Er wollte sich zur Materie nicht äußern, sondern erklärte lediglich, dass er seinem Schreiben an das Parlament "nichts hinzuzufügen" habe. In seiner "Sachverhaltsmitteilung" hatte Rzeszut, der der vom Innenministerium eingesetzten Evaluierungskommission zum Entführungsfall Natascha Kampusch angehörte, den mit der Causa betrauten Staatsanwälten unter anderem vorgeworfen, sie hätten "konsequent und beharrlich entscheidende polizeiliche Ermittlungsergebnisse vernachlässigt".

Fall wird nicht neu aufgerollt

Im Ermittlungsverfahren soll nun geklärt werden, ob es im Fall Kampusch zu schuldhaften Pflichtverletzungen durch Staatsanwälte gekommen ist. Aufgabe der Staatsanwaltschaft Innsbruck sei es nicht, das Kampusch-Verfahren neu aufzurollen, hatte Hansjörg Mayr, der Sprecher der Staatsanwaltschaft Innsbruck, erklärt.

Am 2. März 1998 war Natascha Kampusch auf ihrem Schulweg in Wien von Wolfgang Priklopil entführt worden. Rund achteinhalb Jahre wurde sie im Keller des Mannes in einem Haus im niederösterreichischen Strasshof gefangen gehalten, bevor sie als junge Frau in einem unbeobachteten Moment flüchten konnte. Ihr Verschwinden zählt zu den spektakulärsten Fällen der Kriminalgeschichte Europas. Über kaum einen anderen Fall gibt es so viele Gerüchte. So wird nach wie vor darüber spekuliert, ob Priklopil tatsächlich ein Einzeltäter war, wie alle bisherigen Ermittlungen ergeben haben. (APA)