Franz West in Venedig.

Foto: Anna Blau

Gleich zweimal sprang das Publikum von den Stühlen, als Franz West, zerbrechlich und auf einen Stock gestützt, am Samstag den Goldenen Löwen für sein Lebenswerk erhielt - übrigens als erster Österreicher. West nahm die Sache gelassen: Er habe eine Rede halten wollen, sagte er, aber den Zettel auf dem Weg in die Giardini verloren, daher nur: "Thank you!"

Ähnlich entspannt hatte er auch am Vortag das Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst von Bundespräsident Heinz Fischer entgegengenommen. Die Zeremonie, die West nun auch zu einem Mitglied der Kurien für Wissenschaft und Kunst macht, hatte in seinem Parapavillon stattgefunden. Für die internationale Biennale-Ausstellung hatte West im Arsenal seine Atelierküche sowie zwei Klos installiert und, ebenso wie daheim in Wien, die Wände mit den Werken seiner Künstlerfreunde behängt.

In dem Interviewbuch Extroversion (Schleebrügge.Editor), in dem er seinem Freund Benedikt Ledebur unter anderem auch von seinen frühen Drogenexperimenten erzählt, erklärt West die Beweggründe für die Küchen-Installation in Venedig: "Ich dachte, was mit dieser Küche einmal geschehen wird, wenn ich einmal nicht mehr bin. Ich will weder ein Westianum noch ein Westeum. Acht mal vier Meter, das ist meinen Empfindungen nach ein adäquates Format für ein Memorandum, für eine Gedenkstätte."

Franz West, geboren 1947 in Wien und verheiratet mit der 34-jährigen georgischen Künstlerkollegin Tamuna Sirbiladze, mit der er auch zwei kleine Kinder hat, gehört schon seit vielen Jahren zur weltweiten Kunstelite. 1993 gestaltete er den Österreich-Pavillon in Venedig. Der Durchbruch gelang ihm aber schon Mitte der 1970er-Jahre mit seinen Passstücken: Kunstteile, meist aus Gips, Papiermaschee und Metall, die man wie Prothesen an den Körper halten sollte.

West, der sich selbst als "Anarcholeser" bezeichnet, will, dass die Betrachter seine Arbeiten benutzen - etwa seine Möbelskulpturen - und, in jedem Wortsinn, begreifen, berühren.

Er ist ein (selbst)ironischer Grenzgänger zwischen Kunst und Nichtkunst, seine Arbeiten in unterschiedlichsten Materialien sind oft betörendkindlich und kindisch und sehr oft sexuell konnotiert. So auch die zuckerlrosa Skulptur, die ganz hinten im Garten des Arsenals hoch in die Luft ragt wie ein riesiger, in sich verknoteter Penis. (Andrea Schurian, DER STANDARD - Printausgabe, 6. Juni 2011)