Kreative Ideen mit Sinn und Spaßfaktor: der Hightech-Dummy Fred (li.) und das Projektteam von "Tier-Time".

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In der Wissenschaft gibt es manchmal Probleme, die kaum jemand bemerkt. Erst wenn eine Lösung gefunden wird, die einleuchtet, kommt das zugrunde liegende Problem zum Vorschein.

Dieser Umstand wird gerne erwähnt beim Erzählen der Anekdote, wie Albert Einstein als Jungspund beim Fahrradfahren der erste Ideenfunke zur Entwicklung der Relativitätstheorie in den Sinn kam. Er tauschte sein Fortbewegungsvehikel gedanklich durch einen Lichtstrahl aus und überlegte sich, wie die Welt auf diese Weise aussieht. Mit der Theorie, die er daraus ableitete, stellte er die Physik des beginnenden 20. Jahrhunderts einigermaßen auf den Kopf - die Ergebnisse der Relativitätstheorie finden bis heute tagtägliche Anwendung, etwa im GPS-Ortungssystem, und sind aus Wissenschaft und Technologie nicht mehr wegzudenken.

Dass gerade die junge Generation dazu prädestiniert ist, Probleme erst sichtbar zu machen, zeigte auch das diesjährige Finale von "Jugend innovativ". So war in einer der Jurybegründungen für die Preisträger zu hören: "Ihr habt einen sehr kreativen Lösungsansatz gewählt, zu einem Problem, dass uns gar nicht bewusst war."

"Jugend innovativ" zählt zu den renommiertesten Wettbewerben zur Förderung junger Wissenschafts- und Wirtschaftstalente aus Österreich, dabei ist er selbst nicht mehr der Jüngste: Letzten Freitag ging im Beisein von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner im Welios Science Center Wels der 24. Jahrgang ins Finale.

Perfekte Stirnfransen

Mit 549 Projekten beteiligten sich heuer so viele Schülerteams wie noch nie am Wettbewerb, der von Wirtschafts- und Unterrichtsministerium finanziert und der Förderbank Austria Wirtschaftsservice organisiert wird. Doch was war nun das Problem, das den Jurymitgliedern nicht bewusst war? Mithilfe einer Folie, die mit waagrechten und schrägen Linien und einer kleinen Wasserwaage versehen ist sowie mit einem hautverträglichen Klebestreifen an der Stirn direkt unter dem Haaransatz befestigt werden kann, kann der perfekte Stirnfransenhaarschnitt nicht mehr danebengehen.

Andere Projekte bewegten sich weit weg vom unmittelbaren Lebensumfeld der Schüler und begaben sich mitunter auf wissenschaftliches Glatteis - oder beim Projekt "AVIO" treffender: in die Schneefluten. Die Schüler der HTBLA Perg, Patrick Marksteiner und Patrick Neulinger, entwickelten eine Flugdrohne, die in Skihütten stationiert werden kann und beim Abgang einer Lawine autonom nach Opfern sucht und deren Position durch Rauchpatronen markiert. Mit dieser Idee machten sie sich nicht nur zum Lieblingsprojekt von Minister Mitterlehner ("Ohne damit andere Projekte abwerten zu wollen.") - sie räumten damit auch den ersten Preis von 2000 Euro in der Kategorie Informations- und Kommunikationstechnologie ab. "Euer Projekt kann zweifach Menschenleben retten - das von Verschütteten und das von Bergrettern", lautete die Jurybegründung.

Der Wunsch, Leben zu retten, war auch der Ausgangspunkt für ein weiteres Siegerprojekt namens "Fred". Schon während der zwei Ausstellungstage, die der Preisverleihung vorangegangen war, erregte die Gummipuppe Fred besondere Aufmerksamkeit, obwohl man ihr auf den ersten Blick gar nicht ansieht, dass sie ein wahrer Hightech-Dummy ist. Dem First Aid Rescue Dummy kann nämlich der Herzschlag gemessen werden, und er simuliert Kreislaufschwankungen, sodass Notärzte praxisnäher als bisher trainieren können. "Die Idee ist von einem Notarzt gekommen, der Fred jetzt verwenden will", erzählt das junge Erfinder-Trio von der HTBLuVA Salzburg.

Neben den Geldpreisen in der Höhe von insgesamt 32.000 Euro wird einzelnen Teams auch eine Forschungsreise finanziert - mit Destinationen von Helsinki bis China. Die Fred-Erfinder werden etwa an einem Jungwissenschaftertreffen in London teilnehmen.

Schnauze halten zur Teezeit

In der breiten Palette der jugendlichen Innovationen waren natürlich nicht nur Erfindungen für Katastrophen vertreten. Das meiste Lachen entlockte das Projekt "Tier-Time" den Besuchern. "Ausgangspunkt war die Umgestaltung der Unterseite einer Tasse zu einer Tierschnauze", erzählte eine aus dem sechsköpfigen Erfinderinnenteams der HBLA Herbststraße.

Der witzige Überraschungseffekt dabei: Setzt man die Tasse zum Trinken an, sitzt man seinem Gegenüber plötzlich mit einer Hundeschnauze oder einem Entenschnabel gegenüber. "Der Spruch 'Halt die Schnauze' bekommt dadurch eine völlig neue Bedeutung", sagt eine der Erfinderinnen. Der negative Effekt: "Eine Flut von Bestellungen werden eure Sommerferien bedrohen", warnt der Juryvorsitzende die Siegerinnen. (Tanja Traxler/DER STANDARD, Printausgabe, 01.06.2011)