Der Tom ist das, was man ein gestandenes Mannsbild nennen könnte. Bei seinem bloßen Erscheinen erstarren manche schon aus Ehrfurcht, dabei ist er zart wie ein Lämmchen und eine Seele von einem Menschen. Das merkt man aber nicht, wenn er auf der Rennstrecke von einer Sekunde auf die andere den Spiegel ausfüllt. Mit seiner 1000er-Superport hat er Rundenzeiten in die Rennstrecken von Brünn über Pannonia bis weit in den Süden gebrannt, dass die Slicks um Gnade wimmerten.

Gluschitsch

Vor wenigen Tagen hab ich ihn wieder getroffen. Er ist jetzt nur mehr die Hälfte - also gleich groß ist er schon noch - und seine 1000er hat er auch hergegeben. Jetzt hat er sich eine 600er zugelegt und mit seinem stolzen Körpergewicht purzelten auch noch seine ohnehin schon fantastischen Rundenzeiten.

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Kleinere Motoren sind wieder modern. Das merkt man nicht nur bei Tom, sondern auch im Offroad-Sport. KTM bringt im Modelljahr 2012 - also eh schon jetzt - die 350er-Enduro, nachdem sich die 350er-Motocross mit einigen Siegen gegen die 450er durchgesetzt haben. Entscheidend an der Entwicklung des Motors war übrigens Tower of Power Erich Brandauer beteiligt. Auch kein Knilch, ist er schon vor Jahren mit der kleineren Kubatur den 450ern um die Ohren gefahren, als ob er die doppelte Leistung unter sich hätte.

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Und sogar auf der Straße feiern kleinere Kubaturen wieder eine Blüte. 750er, die schon fast ausgestorben schienen, machen mit 800er-Motoren den blunzigen 1000ern Konkurrenz, und sogar die Viertelliter-Supersport-Klasse lebt wieder auf. Damit hätte zwar kaum jemand gerechnet, aber Kawasakis 250er-Ninja gehört schon fast zum Stadtbild.

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Jetzt wäre es vermessen, zu glauben, dass sich Honda wegen der paar Motorräder, die in Österreich verkauft werden, einen Kopf macht und vom 250er-Supersport-Kuchen, der bis dato Kawasaki quasi alleine gehört hat, mitnaschen möchte. In Asien setzt Honda vermutlich jede Minute mehr Motorräder ab, als alle Hersteller zusammen in Österreich übers ganze Jahr verkaufen können. Aber ein wenig schaut es schon so aus, als wollte Honda mit der CBR der Ninja das Schwert aus der Hand nehmen.

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Anders als Kawasaki mit seinem Zweizylinder, setzt Honda auf einen Einzylinder. Das bringt mehr Drehmoment und das schon weit früher, und auch das Leistungsmaximum von fast 20 kW (26 PS) liegt schon weitaus früher an, als bei der Grünen. Dafür hat die Ninja um 6 PS mehr. Gedreht will die CBR 250 trotzdem werden - bei 7.000 Umdrehungen entfährt einem dann schon ein „Aha", weil man mit der Drehfreude bei einem 250er-Motor nicht rechnen würde.

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Wegen der Langlebigkeit braucht man sich keine Sorgen machen. In Asien laufen fast ausschließlich kleine Motoren und das ewig. Wenn der Gummi vom Gasgriff so dünn ist, dass man schon durchschauen kann, läuft der Motor immer noch - obwohl man davon ausgehen darf, dass dieser nicht einmal im Jahr zum Service kommt.

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Die CBR 250 reicht allemal für Autobahnfahrten, hetzt locker über jeden Berg hinauf und punktet in der Stadt mit ihrer Wendigkeit. Die verdankt die CBR auch den schmalen Reifen. Hinten verbaut Honda einen 140er-Patschen, während die Ninja auf einem 120er rollt. Dazu ist die Sitzposition angenehm aufrecht, was man zu schätzen lernt, wenn man im Stop&Go-Verkehr durch die City zuckelt.

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Trotz der ganzen Alltagstauglichkeit schaut die CBR sehr sportlich aus. Motorrad-Laien drehen sich sogar nach ihr um und wundern sich dann, dass sie nicht wie eine 600er schreit, wenn man das Gas aufmacht.

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Nicht nur Neu- und Wiedereinsteiger werden an der CBR 250 ihre Freude haben. Nicht nur, weil sie gut und vermutlich ewig rennt, sondern auch, weil sie laut Liste nur 4290 Euro kostet und weil man mit dem 13 Liter Tank, laut Honda, über 350 Kilometer weit kommt.

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Honda CBR 250

Motor: 1 Zylinder-4-Takt-Motor, 4 Ventile | Hubraum: 294,4 ccm | Leistung: 19,42 kW (26 PS) bei 8.500 U/min | Drehmoment: 22,9 Nm bei 7.000 U/min | Kraftübertragung: 6 Gänge, Kette | Radaufhängung vorne: 37 mm Teleskopgabel | Radaufhängung hinten: Pro-Link-Zentralfederbein | Bremse vorne: Einscheibenbremse, Ø 296 mm, Doppelkolben | Bremse hinten: Einscheibenbremse, Ø 220 mm, Einkolben| Reifen vorne: 110/70-17M/C | Reifen hinten: 140/70-17M/C | Gewicht vollgetankt: 162 kg | Sitzhöhe: 784 mm | Preis: ab 4.290 Euro

+Gelungenes, fesches Motorrad, das wenig braucht und kostet, dafür aber viel bietet.

- Die Vorderbremse könnte noch etwas knackiger zupacken. Und ich würde das Ritzel tauschen, deswegen öfter schalten und auf ein wenig Top-Speed verzichten, dafür würde die CBR aber noch agiler drehen.

Foto: Werk