Jordanien hat ein paar touristische Argumente, die sind unschlagbar. Dazu gehören die Felsenstadt Petra und Wadi Rum.

Foto: Pumhösel

Als Mitbringsel bieten sich nicht nur handgefertigte Mosaiken an,

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sondern auch Barbie-Kopien in lokaler Tracht.

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Anreise & Unterkunft

Royal Jordanian verkehrt fünfmal pro Woche Wien-Amman-Wien, Flugdauer knappe vier Stunden.
Aufenthalt etwa im Le Meridien in Amman, Mövenpick Hotels am Toten Meer und bei Petra, Kempinski in Aqaba.

Allgemeine Informationen: www.visitjordan.com

Infos zur Reisesicherheit in Jordanien beim österreichischen Außenministerium

Grafik: DER STANDARD

Lawrence von Arabien, Kara Ben Nemsi, oder Indiana Jones: Die Vorstellungen von orientalischen Wüsten und der Kultur ihrer Bewohner sind durch filmische und literarische Besuche geprägt. Die genannten - westlichen Reiseführer - und viele andere erzeugen die gut verständlichen Klischees, die der ferne Beobachter braucht, um sich stolze Wüstenkrieger, farbenprächtige Märkte und die wundersame Mystik untergegangener Reiche zu einem einheitlichen Bild eines märchenhaften Orients zusammenzubauen.

Einst werden vielleicht auch die gegenwärtigen Aufstände im arabischen Raum modernere Mythen erschaffen. Offen bleibt, ob sie an die suggestive Strahlkraft von Wunderlampen, Kreuzzügen und antiken Reichsgründungen anschließen werden können. Die faktische Gegenwart ist immer noch eine andere Welt.

Das haschemitische Königreich Jordanien (schon der Name!) zeigt sich dem Besucher als eine Art Disneyland, das all diese Klischees widerspiegelt. Das ist nicht abwertend gemeint. Im Gegenteil: Dem geeichten Konsumenten des einschlägigen Medienkanons, dem im Kopf allerlei Krummsäbel, Gewürzkarawanen, Beduinenaufstände und sonstige Versatzstücke der kolportierten Orient-Ästhetik aus Bibel, Karl May und Hollywood herumspucken, findet hier die zugrunde liegenden Originale in höchster Verdichtung wieder. Die vorgeprägten Mythen nehmen die Gestalt von Öllampen verkaufenden Kindern rund um die Felsenstadt Petra an oder von beduinischen Kamelreitern, die die dramatische Wüstenlandschaft des Wadi Rum durchstreifen. Für ein paar Dinar zwängen sie Touristen zwischen die Höcker ihrer Tiere. Die reisenden Orientabenteurer im Geiste werden so für kurze Zeit in ihre Sehnsuchtsräume geholt, die sich dann als Fotoabzug hinter der heimatlichen Glasvitrine manifestieren.

Der Gewürzhändler in Aqaba, der längst auf deutschsprachige Besucher eingestellt ist, spielt bewusst mit den Orientklischees und legt sofort nach Eintritt in sein mit Bottichen und Wasserpfeifen vollgestelltes Geschäft mit seiner Show los, die verpflichtendes Zuhörern, Verkosten und Geschenkannahme miteinschließt. Er kann berechnend und westlich aufgeklärt sein, soviel er will, trifft er auf Touristen, wird er zum Archetypus eines orientalischen Händlers.

Die Besucher Jordaniens malen ihre mitgebrachten Vorstellungen mit der Farbenpracht der Gegenwart aus. Das Bild, das entsteht, wäre aber nichts ohne die Antike. Der alte, wechselhaft besiedelte Kulturraum, dessen Monumente die Wüste konserviert hat, setzt sich heute noch in einem Glanz in Szene, der Zeit relativ erscheinen lässt. Das Betrachten der römischen Säulenreihen und der Mosaiken einer später ins Ruinenfeld von Jerasch gebauten byzantinischen Kirche funktioniert sowohl als lehrreiches als auch als sinnliches Ereignis. Im gleißenden Sonnenlicht bietet sich der Ort als Spielplatz rückwärtsgewandter Fantasie an. Petra, die Felsenstadt, mit ihrer Fremdheit, ihrem irrwitzigen Überschwang und ihren durch noch so viele Fotografien und Postkarten unabnutzbaren Hauptkulminationspunkt der Schatzhaus-Fassade, eröffnet eine menschheitsgeschichtliche Perspektive in selten zugänglicher Variante. 2012 soll das 200-jährige Jubiläum der Wiederentdeckung durch Jean Louis Burckhardt als großes touristisches Ereignis gefeiert werden.

Es erscheint logisch, dass die Schauplätze der Bibel am Toten Meer auch gleich nebenan liegen. Orte werden hier nicht nur nach Moses oder Lot benannt, um biblische Figuren zu ehren, sondern weil man sich sicher ist, dass sie tatsächlich da waren. Die Kreuzritter, die auch da waren, sind nur der augenscheinlichste Punkt einer intensiven kulturellen Verwobenheit mit Europa - etwa in Aqaba. Die mittelalterlichen Kämpfe um die Stadt statteten ihren Namen mit einer schon beinahe mythologischen Suggestionskraft aus. Dass das Aqaba von heute diese Geschichtsträchtigkeit konterkariert, ist nicht nur ein Verlust. Die touristischen Mammutprojekte, die an vielen Plätzen am Roten Meer aus dem Boden schießen, wollen sich hier an ein gehobenes Besuchersegment richten.

Der Aufbruch in die globalisierte Welt per Freihandelszone, großer Hafenanlage und Fünf-Sterne-Luxus mit philippinischem Personal fügt den historischen Einflüssen von Nabatäern, Rom, Byzanz, Mameluken und Osmanen nur einen weiteren Aspekt hinzu. Konfrontiert mit so viel Geschichte, beginnt man hier schnell in Epochen zu denken.

Das örtliche Kempinski, eines der Vorzeigehotels, mag sich nicht mehr richtig in den alten Glanz des Namens der Stadt fügen. Kommt man von den antiken Orten und trifft auf den neuen Glanz in den weißen Zimmern und ihrer Orientierung an modernen Designklassikern, kommt das beinahe einem Kulturschock gleich. Als Entschädigung für die globale Verwechselbarkeit winkt der Luxus von 1000-Euro-Suiten. Der Meerblick - das Kempinski wirbt mit Meerblick aus allen Zimmern - ist in Aqaba nicht unbegrenzt vorhanden. Die Resorts verlängern die nur knapp 30 Kilometer lange Küstenlinie mit künstlichen Lagunen.

Vom Orientbild, dass man mit Jordanien aufsucht, bleiben Exponate einer wuchernden Andenkenindustrie, die sich an den byzantinischen Mosaiken, an beduinischen Dolchen und Wunderlampen in allen Formen und Größen bedient. Für stolze Eigner eines Wüstenschlosses gibt es meterhohe Bronzestatuen eines Adlers, der sich siegreich in eine Schlange verbeißt. Allen gegenwärtigen und vergessenen Göttern sei Dank: Die Archaik gibt es auch zum Mitnehmen. ( Alois Pumhösel/DER STANDARD/Rondo/27.05.2011)