Alle sechs Monate gibt es eine neue Ausgabe der vom Softwarehersteller Red Hat maßgeblich gestützten Community-Distribution Fedora, so weit - so bekannt. Insofern also kein sonderlich ungewöhnlicher Vorgang, dass vor Kurzem mit Fedora 15 eine weitere Release freigegeben wurde. Und doch handelt es sich bei dieser nicht einfach um ein "durchschnittliches" Softwareupdate für das Projekt.

Alles neu

Mit GNOME3 bringt Fedora 15 nämlich eine grundlegende Überarbeitung der User Experience am Desktop. Dem eigenen Ruf einer "Leading Edge"-Distribution gerecht werdend, ist Fedora denn auch die erste der großen Distros, die die neue Desktop-Generation mitliefert. Angesichts dessen, dass GNOME3 unter maßgeblicher Beteiligung von Red-Hat-EntwicklerInnen entstanden ist, eigentlich kein all zu überraschender Umstand. Aber eben auch einer, der ein neues Zeitalter am Linux-Desktop einläutet.

Unterschiede

Denn wo sich die großen Distributionen früher in Desktop-Fragen (zumindest in Hinblick auf den GNOME) nur über relativ oberflächliche Unterschiede differenzierten, beschreitet Ubuntu ja seit kurzem mit "Unity" eigene Wege. Wer die Wahl zwischen Fedora und Ubuntu trifft, bekommt nun also nicht einfach nur unterschiedliche Icons und Themes, sondern auch andere Desktop-Konzepte geboten.

Wie sich Fedora 15 in diesem Vergleich hält, welche Neuerungen es bringt, und für wen es von Interesse ist, soll auf den folgenden Seiten näher beleuchtet werden.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Vor dem Test muss Fedora natürlich einmal heruntergeladen und installiert werden. Zu diesem Zwecke stellt man mittlerweile die "Fedora Desktop Edition" ganz in den Vordergrund, die in Varianten für 32- und 64-Bit-Rechner zur Wahl steht. Dabei fällt sofort auf: Mit rund 565 MByte ist die Live-CD im Umfang seit der letzten Version erheblich geschrumpft. Zu verdanken hat man dies dem Wechsel auf das LZMA-Packverfahren, das in dieser Hinsicht also gut 20 Prozent Ersparnis bringt.

Freier Platz

Etwas unverständlich bleibt aber, warum man den gewonnen Platz nicht für die Auslieferung von zusätzlichen Komponenten nutzt, immerhin passen auf eine CD ja 700 MByte. Ganz schön viel Platz also, der da aktuell brach liegt. Natürlich muss so eine Live-CD nicht notwendigerweise bis zum Rand gefüllt sein, wenn allerdings so zentrale Komponenten des Desktop-Alltags wie eine Office-Suite später dann von den NutzerInnen manuell nachinstalliert werden müssen, mutet diese Entscheidung etwas seltsam an. Bei einer Installation vom alternativ zur Verfügung stehenden DVD-Image (3,3 GByte) wandert LibreOffice übrigens sehr wohl von Haus aus mit auf die Platte.

Installation

Ansonsten gibt es zum Installer wenig aufregendes zu berichten, im Vergleich zur Vorgängerversion erweist er sich als weitgehend unverändert. Heißt auch: Alles funktioniert so weit reibungslos, wirklich begeisterungswürdig ist das Gebotene aber auch nicht gerade.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Im Vergleich zu Ubuntu wirkt der Fedora-Installer geradezu lieblos, manches schlicht unnötig, anderes inkonsistent oder verwirrend umgesetzt. Dies gilt auch für einen der wenigen Neuzugänge in diesem Bereich: Beim Anlegen eines neuen BenutzerInnen-Accounts findet sich jetzt der Punkt "Add to Administrator Group". Was diese Auswahl bewirkt, und wie sich dieser Eintrag konzeptionell zum klassischen Root-Account (der natürlich weiterhin existiert und eingerichtet wird) verhält, wird allerdings verschwiegen. Auch in der offiziellen Installation-Anleitung findet sich kein Hinweis auf diese Wahlmöglichkeit.

btrfs

Etwas versteckt bietet Fedora nun auch schon seit einigen Releases das als "Next-Generation-Dateisystem" auserkorene btrfs zur Wahl, mit Fedora 15 macht dieses weitere Trippelschritte in den Vordergrund. btrfs steht im Installer nun von Haus aus zur Wahl, dies ganz ohne Übergabe eines speziellen Boot-Parameters, wie es bisher vonnöten war. Und doch stimmt dies nur eingeschränkt, nämlich für die DVD-Variante. Die Live-CD kennt hingegen weiterhin keinen btrfs-Support. Bleibt abzuwarten, wie sich diese Geschichte fortschreibt, für Fedora 16 ist ja bereits in Diskussion btrfs zum Default-Dateisystem zu machen, und so ext4 in dieser Rolle abzulösen. Mal sehen, ob dies tatsächlich realisiert wird.

Vermischtes

Anzudenken wäre für Fedora, künftig beim Start der Live-CD automatisch den Installer aufzurufen. Da der GNOME mit der Version 3 den Desktop nicht mehr für die Ablage von Icons benutzt, muss der Installer jetzt nämlich im Menü gesucht werden, was nicht notwendigerweise zu dessen schnellem Auffinden beiträgt. Wirklich positiv sei hingegen die Installationsgeschwindigkeit erwähnt: Von der Live-CD ist ein neues Fedora-System in Windeseile eingerichtet. Die Daten sind - da man hier ein festes Image verwendet - in wenigen Minuten fix auf dem Rechner untergebracht.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Noch bevor wir zum Desktop kommen, sei das zweite große Highlight von Fedora 15 herausgestrichen: Mit Systemd hält ein gänzlich neues Boot-System Einzug in die Distribution. Dieses löst die bisherige Kombination aus Sysvinit-Skripten und Ubuntus Upstart ab.

Ansatz

Systemd ist als Distributions-übergreifende Lösung entwickelt worden, neben Fedora hat auch openSUSE schon angekündigt auf das neue System wechseln zu wollen. An Vorteilen erhofft man sich durch diesen Umstieg unterschiedlichste. Nicht zuletzt sollen Abhängigkeiten leichter aufgelöst und der Boot durch Parallelisierung und andere Optimierungen beschleunigt werden. Auch kann Systemd Services je nach Bedarf aufrufen.

Zukunft

Die NutzerInnen merken von all dem natürlich relativ wenig, wer Services manuell startet muss allerdings leicht umlernen. In Zukunft soll Systemd dann auch noch weiter Aufgaben zugeteilt bekommen, etwa das Starten der GNOME Session.

Screenshot: Andreas Proschofsky

So schnell kann Fedora aber gar nicht booten, dass man nicht sofort den neuen Desktop bemerken würde. Wie einleitend schon bemerkt, übernimmt von Haus aus nun der GNOME 3 diese Aufgabe. Hat sich das GNOME-Projekt in den letzten Jahren vor allem auf den kontinuierlichen Feinschliff des Bestehenden konzentriert, bringt die aktuelle Desktop-Generation zentrale konzeptionelle Änderungen mit sich.

Basics

Da GNOME3 schon separat einem ausführlichen Test unterzogen wurde, seien im folgenden nur kurz die wichtigsten Eckpunkte angerissen, und ansonsten auf den früheren Artikel verwiesen. Kernstück ist die GNOME Shell, die sich sowohl um den Anwendungsstart als auch das Workspace Management kümmert. Panel gibt es jetzt nur mehr eines, bisher nutzte man ja derer zwei. Das Panel-Design ist zudem bewusst reduziert gehalten, und hat eine feste Aufteilung. Die klassischen Applets von GNOME2 werden nicht mehr unterstützt.

Aufteilung

Charakteristisch ist die Desktop-Uhr in der Mitte, der Systembereich auf der rechten Seite und ein "Activities"-Knopf ganz links. Dieser führt denn auch an jenen Ort, wo ab sofort das eigentliche Management des Desktop-Alltags vorgenommen wird: Den Übersichts-Modus.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Hier werden einerseits die beliebtesten Anwendungen gelistet, zudem gibt es eine vollständige Liste aller installierten Programme sowie eine Suchfunktion - die auch gleich aktuelle genutzte Dokumente aufstöbert. Die aktiven Fenster am aktuellen Workspace werden Expose-artig aufgeteilt, rechts gibt es eine Miniaturansicht aller gerade offenen Oberflächen, mit Hilfe derer Programme auch gezielt per Drag & Drop  verschoben werden können.

Verwaltung

Apropos Workspaces: Eine fixe Anzahl gibt es hier nicht mehr, statt dessen werden neue Desktops nach Bedarf automatisch geöffnet. Der Clou dabei: Es ist immer exakt ein leerer Workspace vorhanden, damit die NutzerInnen gezielt Programme einer neuen Oberfläche zuweisen können.

Grafik

All dies bedarf einer funktionstüchtigen 3D-Unterstützung, und in dieser Hinsicht leistet Fedora 15 wirklich gute Arbeit: Im Test funktionierte die GNOME Shell ohne jegliche weiteren Anpassungen oder gar proprietäre Treiber auf allen Testsystemen - egal ob der Grafikchip von Intel, Nvidia oder ATI stammt. Dies übrigens mit einer durchaus guten Performance.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Freilich gibt es eine Unzahl unterschiedlicher Grafikchip-Generationen, insofern: Wer sicher gehen will, dass der neue Desktop auf dem eigenen Rechner funktioniert, probiert vor der Installation ein bisschen mit der Live-CD herum. Dies sei vor allem bei sehr neuer - oder auch wirklich alter - Hardware ans Herz gelegt. Eine kleine Einschränkung gibt es auch, was den freien Nvidia-Treiber Nouveau betrifft, im Test neigt dieser ab und an zu Abstürzen, aber auch das variiert mit dem konkret verwendeten Chip.

Stabilität

Wirklich grobe Fehler konnten in der Umsetzung von GNOME 3.0 bei Fedora 15 hingegen nicht entdeckt werden. Für die erste Version einer neuen Desktop-Generation präsentiert sich die Software überraschend stabil. Hier zahlt sich aus, dass die Planung recht langfristig vorgenommen wurde - und zudem seit der ersten Release vor einigen Wochen schon zahlreiche Bugfixes eingeflossen sind. Schaden dürfte auch nicht, dass Red Hat einen guten Teil der Upstream-EntwicklerInnen beheimatet - und man so in der Testphase direkten Zugriff auf das entsprechende Know-How hat.

Original

Fedora liefert übrigens einen weitgehend unmodifizierten GNOME3 aus. Einzige wirklich sichtbare Anpassung - jenseits der erweiterten Softwareauswahl - ist ein eigenes Wallpaper, auch wenn dies selbst nur eine dezente Modifikation des GNOME-Default-Hintergrunds ist. Theme, Icons und Co. stammen hingegen 1:1 vom Upstream-Projekt. Ein Umstand, der in der Entwicklungsphase durchaus für Diskussionen gesorgt hat, manche hätten sich hier mehr individuelle Fedora-Anpassungen gewünscht.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Für "gelernte" Fedora-NutzerInnen heißt GNOME3 aber trotz all seiner optischen Verlockungen zunächst mal: Umlernen. Immerhin unterscheidet sich gerade das Workspace-Konzept stark vom bisher gewohnten, auch macht so manch angelernter Arbeitsablauf schlicht keinen Sinn mehr. Das bedeutet keineswegs, dass mit der GNOME Shell alles komplizierter wird, ganz im Gegenteil: Wer sich wirklich ein paar Tage darauf einlässt, wird schnell auch die Vorzüge und die vielen kleinen Details der neuen Desktop-Generation zu schätzen wissen.

Fallback

Falls dem doch nicht so ist, bleibt noch immer der Wechsel auf den sogenannten "Fallback"-Modus. Dieser ist eigentlich für jene Systeme gedacht, auf denen keine funktionstüchtige 3D-Unterstützung vorhanden ist, lässt sich über die Einstellungen (und dort unter System Info > Graphics) aber auch manuell erzwingen. Der Fallback-Modus entspricht weitgehend dem von GNOME 2.x Gebotenen, beinhaltet also das klassische Startmenü und das zugehörige Panel. Lediglich die Aufteilung ist etwa anders, um die Unterschiede zur GNOME Shell zu minimieren.

Angepasst

Wen hingegen an GNOME3 nur die eine oder andere Kleinigkeit stört, dem bieten sich einige Möglichkeiten zur Anpassung an die eigenen Bedürfnisse. So liefert das GNOME Tweak Tool so manche Funktion nach, die bei der Neugestaltung des Desktop-Kontrollzentrums verlustig gegangen ist. Dazu gehören etwa Theme- und Schriften-Einstellungen, aber auch die Möglichkeit den Desktop-Hintergrund wieder für den File-Manager zu nutzen oder das Verhalten beim Schließen des Laptop-Deckels zu modifizieren.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Auch wenn die GNOME Shell zunächst mal recht abgeschlossen und wenig anpassungsfreudig wirkt - immerhin gibt es ja keine Applets mehr, die sichtbaren Konfigurationsoptionen halten sich in Grenzen - lässt sich dieses Verdikt bei näherer Betrachtung nicht wirklich aufrecht erhalten. Hat die Shell doch ein eigenes Erweiterungssystem integriert, mit dem die Funktionalität relativ einfach angepasst werden kann.

Extensions

In den Fedora-15-Repositorys finden sich denn auch schon die ersten interessanten Erweiterungen. So gibt es etwa eine, die dem UserInnen-Menü einen eigenen "Shutdown"-Eintrag hinzufügt - von Haus aus hat man sich ja umstrittenerweise dazu entschlossen diese Option hinter dem Suspend-Eintrag und der Alt-Taste zu verstecken. Wer will kann auch ein Dock nachreichen, das die beliebtesten Anwendungen fix am rechten Bildschirmrand darstellt. Es gibt Erweiterungen zum Schnellzugriff auf externe Medien und die File-Manager-Bookmarks, sowie eine um das Alt-Tab-Verhalten anzupassen.

Angepasst

Für die Zukunft zeichnet sich hier also noch einiges an Potential zur Individualisierung ab, so sind etwa derzeit Erweiterungen zur Anzeige des aktuellen Wetters oder auch zur Darstellung eines Systemmonitors in Entwicklung. Auch die Möglichkeit der GNOME Shell ein eigenes Theme zu verpassen soll künftig - in Kombination mit dem GNOME Tweak Tool - noch einfacher werden.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Bei der restlichen Softwareausstattung von Fedora 15 gibt es wenig Überraschungen: Ein echter Gewinn ist das Update auf Firefox 4.0.1 als Default-Browser, geht dieser doch wesentlich flotter zu Werke als seine Vorgänger. Rein optisch leidet der Fedora-Firefox allerdings etwas darunter, dass er - im Gegensatz zu den GNOME3-Anwendungen - noch GTK+2 verwendet. Und das dafür genutzte Theme ist leider wesentlich weniger ansprechend gestaltet als jenes für GTK+3. Auch beim aktuellen Ubuntu sieht Firefox 4 ein ganzes Stück besser aus.

Office

Ebenfalls zu erwarten war der Wechsel von OpenOffice.org auf LibreOffice, immerhin gehört Red Hat zu den Gründungsmitgliedern der "Document Foundation", die die Abspaltung des freien Office-Projekts betrieben hat. Hier bietet man bereits die Version 3.3.2, wirklich tief greifende Änderungen im Vergleich zu OpenOffice.org bietet diese bislang noch nicht, so dass die meisten NutzerInnen den Unterschied wohl vor allem am Branding wahrnehmen werden.

Auswahl

Die restliche Default-Softwareausstattung blieb soweit unverändert, heißt: Als Musik-Player gibt es Rhythmbox, um Backups kümmert sich Deja Dup, zum Scannen nutzt man Simple Scan. Und für Bildbearbeitungsaufgaben steht natürlich wie gewohnt der gute alte GIMP zur Verfügung.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Im Default-Install von Fedora findet sich aber auch so manch gar Verwirrendes: So installiert man weiterhin einige Red-Hat-spezifische Einstellungsprogramme, deren Sinnhaftigkeit irgendwo zwischen "zweifelhaft" und "vollkommen überflüssig" schwankt.

Fragwürdig

Paradebeispiel ist hier ein eigenes Tool zur Zeiteinstellung, das exakt nichts mehr kann, als der entsprechende Punkt im GNOME-Kontrollzentrum. Bei anderen dieser Tools stellt sich hingegen die Frage, ob sie wirklich für einen Desktop-Install nötig sind - etwa das Tool zur detaillierten Anpassungen von Accounts und Gruppen. Für die grundlegenden Aufgaben in diesem Bereich findet sich nämlich ebenfalls bereits ein Eintrag im Kontrollzentrum.

Extern

Bei keinem Fedora-Test darf er fehlen: Der Hinweis auf das externe RPMFusion-Repository, über das diverse proprietäre Codecs oder Treiber nachinstalliert werden kann. Die Installation ist denkbar einfach, wenn man der Anleitung auf der zugehörigen Webseite folgt. Einmal eingerichtet, suchen dann sogar Musik- und Videoplayer bei Bedarf automatisch die nötigen Pakete zur Installation aus.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Zu den interessanten Neuerungen im erweiterten Softwareangebot von Fedora 15 gehört FirewallD: Einmal installiert, lassen sich künftig Firewall-Regeln dynamisch - also ohne Neustart des zugehörigen Services - anpassen. Die Kommunikation erfolgt per D-Bus, zudem gibt es ein Applet zur Steuerung über den Desktop, das allerdings nicht unbedingt optimal mit den neuen Konzepten des GNOME3-Desktops zusammenpasst, im Benachrichtigungsbereich geradezu versteckt wirkt.

Vermischtes

Deutlich erleichtert hat man die Möglichkeit das Home-Verzeichnis einzelner NutzerInnen per ecryptfs zu verschlüsseln, wie auch die zugehörige Anleitung verdeutlicht. Ein nette Ergänzung zur Vollsystemverschlüsselung, die Fedora ja ohnehin einfacher als irgendeine andere Distribution macht. Mit Boxgrinder gibt es eine Tool-Sammlung, um virtuelle Appliances zu erstellen, also auf eine bestimmt Aufgabe konzentrierte, virtuelle Maschinen. Jene Anwendung, die sich um die Fehlermeldungen Sicherheits-Frameworks SELinux kümmert, wurde nicht nur grafisch umgestaltet, sondern bietet jetzt auch mehrere Antwortmöglichkeiten - so denn diese vorhanden sind.

Basis

Im Schnelldurchlauf noch einige der wichtigsten Eckdaten von Fedora 15: Der Kernel ist in der Version 2.6.38.6 enthalten, zum Umsetzen des Quellcodes wurde die GCC 4.6 verwendet. Das Paketsystem RPM trägt mittlerweile die Versionsnummer 4.9, die neben Fehlerbereinigungen weitere Performance-Optimierungen mit sich bringt. Als Alternative zum GNOME gibt es wie gewohnt eine Reihe anderer Desktops, darunter etwa KDE 4.6.2, Xfce 4.8 oder auch das besonders schlanke LXDE. Diese stehen auch als eigene "Spins" in Live-CD-Form zum Download, so dass hier gleich die gewünschte Umgebung gleich direkt installiert werden kann.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Vor dem Fazit sei noch ein kleiner Exkurs gestattet: Wie anfänglich bereits erwähnt, benötigt der GNOME3-Desktop für seine volle Funktionalität eine funktionierende 3D-Beschleunigung. Bis vor kurzem war dies ein Ausschlussgrund für die Verwendung in einer virtuellen Maschine - aber nicht mehr länger.

Tipp

Mit Virtualbox 4.0.8 hat Oracle unlängst eine neue Version der eigenen Virtualisierungssoftware veröffentlicht, die den nötigen 3D-Support bietet - beziehungsweise für die GNOME Shell erweitert. Zwar fehlen die entsprechenden Treiber auf der Fedora-Live-CD, zumindest bei einem fertig installierten System lassen sie sich aber mit ein paar Handgriffen nachrüsten.

Vorbereiten

Zunächst muss einmal in den Einstellungen der betreffenden virtuellen Maschine der experimentelle 3D-Support aktiviert werden. Danach gilt es die Virtualbox Guest Additions zu installieren, wie dies unter Fedora geht, lässt sich unter anderem hier nachlesen. Davor am besten auch gleich alle anstehenden Updates durchführen, und einen Reboot durchführen, müssen doch kernel, kernel-headers und kernel-devel am gleichen Stand sein.

Ergebnis

Ist dies erledigt funktioniert die GNOME Shell im Test problemlos - und durchaus flott - auch in einer virtuellen Maschine. Somit bietet sich also nun eine weitere Möglichkeit gefahrlos in GNOME3 hineinzuschnuppern.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Der Umstieg auf GNOME3 hat Fedora gleich in mehrere Hinsicht gut getan. So präsentiert sich der Desktop nun wesentlich "runder" und "moderner" als zuvor, sowohl was die grundlegenden Konzepte als auch die optische Umsetzung anbelangt. Gerade bei letzterem hat sich Fedora bislang ja noch keine sonderlichen Lorbeeren verdient.

Ausrichtung

Zudem ergibt sich gerade durch den Wechsel von Ubuntu auf Unity eine neue Gelegenheit für Fedora im Desktop-Linux-Bereich. War die Distro bislang vor allem bei fortgeschrittenen NutzerInnen verbreitet, könnte man nun entlang der Linie Unity/GNOME Shell auch verstärkt bei anderen NutzerInnen reüssieren. Etwa bei jener Gruppe, die sich mit Unity selbst oder auch den Alleingängen von Hersteller Canonical nicht so recht anfreunden können. Aber auch für Linux-NeueinsteigerInnen wird Fedora mit dem verstärkten Desktop-Fokus zunehmend interessanter.

Vergleiche

Im Vergleich zu Unity präsentiert sich die GNOME Shell derzeit jedenfalls sowohl stimmiger als auch stabiler, was als ein entscheidender Pluspunkt für Fedora 15 zu werten ist. Umgekehrt muss aber natürlich auch angemerkt werden, dass Ubuntu gerade EinsteigerInnen noch immer vieles einfacher macht, etwa bei der Installation oder der Einrichtung von proprietären Softwarebestandteilen. Hier böte sich noch so manches Potential zur Verbesserung. Dass dies zumindest manchen durchaus bewusst ist, zeigt sich nicht zuletzt an der aktuellen Diskussion über ein eigenes, schlankes GNOMEOS, welches gerade von Fedora/Red-Hat-EntwicklerInnen forciert wird.

Update

Bestehende NutzerInnen müssen sich mit Fedora 15 hingegen erst mal anfreunden, aber das ist eigentlich bei jeder größeren Änderung so. Wirklich zwingende Gründe auf Fedora 16 zu warten, gibt es eigentlich nicht. Wer sich so gar nicht mit GNOME 3 anfreunden will, der wird sich wohl auf Sicht mit klassischen Desktops wie Xfce oder LXDE anfreunden müssen, ist in einem solchen Fall doch kaum zu erwarten, dass Ubuntus Unity eine Alternative darstellt. (Andreas Proschofsky, derStandard.at, 29.05.11)

Screenshot: Andreas Proschofsky