Foto: Kranky

Es ist ja eher ungewöhnlich, wenn man aus einer Band den Schlagzeuger besonders hervorhebt. Aber im Falle der US-Formation Disappears kommt man nicht drum herum - beim besten Willen nicht. Schließlich sitzt da Steve Shelley auf dem Stockerl hinter den Trommeln. Und den kennt der gemeine Musikfreund als zusehends rundlich werdenden Schlagzeuger von Sonic Youth. Die Stammband scheint gerade zu ruhen, also geht Shelley mit der aus Chicago stammenden Formation auf Tour. Heute, Dienstag, gastiert der Vierer im Wiener B72.

Disappears gehören zu den eingängigeren Acts des Kranky Labels. Zwei Alben hat man bisher veröffentlicht, und diese sprechen deutlich für eine Vorliebe bezüglich Krautrock sowie postpunkige Ästhetiken. Vom Krautrock beziehen Disappears den Hang zu hypnotischen Wiederholungen - Stichwort: Repetition - und die mitunter ausufernde Länge der Songs. Etwa Revisiting vom neuen Album Guider, das sich nicht unter 15 Minuten bescheidet. Aber auch die Freunde des ewig trotzigen Shoegazer-Sounds dürften sich bei Disappears zu Hause fühlen, denn ohne Wall of Sound geht hier nichts. Wirkliches Neuland ist das für Shelley natürlich nicht, schließlich hat er schon mit Michael Rother von NEU! getrommelt, und diese zählen natürlich zu den Muttertieren dieses Sounds. Auch Sonic Youth sind nicht ganz frei von derlei Einflüssen.

Disappears jedenfalls überführen das in einen deftigen Spacerock, wegen dem früher einmal das Suchtmitteldezernat ausgerückt wäre. Aber das ist lange her. (flu/DER STANDARD, Printausgabe, 24. 5. 2011)