Moshe Brawer

Foto: ORF/Regina Strassegger

Im Nahen Osten bedeuten Grenzen mehr als anderswo. Ein Kartograf, der ernst nimmt, was Grenzen zugrunde liegt, der beide Seiten sieht, kann, wie der Universitätsprofessor und Nahostverhandler Moshe Brawer, nicht nur Kartograf bleiben. Die Doku Grenzwelten - Eine israelische Kartografengeschichte von Regina Strassegger porträtiert mit Brawer und seiner Familie eine liberale Schicht Israels, die Frieden und strategische Interessen anders abwägt als die Regierung.

Die Wurzeln Brawers liegen in Wien. Sein Vater, ebenfalls Kartograf, emigrierte nach Palästina und schuf 1923 den ersten Globus in hebräischer Sprache. Als Moshe Brawer als Verbindungsoffizier der britischen Armee nach Kriegsende nach Wien kam und 1948 mit dem Verlag Ed. Hölzel einen hebräischen Atlas herausgab, begannen die Probleme des heute 92-Jährigen mit dem Grenzverlauf. Knapp vor dem Druck war damals durch den arabisch-israelischen Krieg alles anders. Noch heute, wird dank Brawer der Kozenn-Atlas, der in Österreichs Mittelschulen verwendet wird, in Nahost auf Hebräisch und Arabisch herausgegeben.

Brawer hat seiner Familie eine tolerante Denkweise weitergegeben. Dennoch verlaufen auch Grenzen durch eine Familie, in der der eine im Gazakrieg kämpfte, der andere dagegen protestierte. Brawer selbst versteht die jüdischen Fundamentalisten nicht, die "die heiligen Schriften missbrauchen". Sein Enkel ist Friedensaktivist, der sein Gerechtigkeitsgefühl über die "Unvernunft des Staates" stellt. Er trägt den Gedanken weiter, den sein Großvater, der Kartograf, angesichts der Siedlungspolitik Israels so formuliert: "Schauen Sie, geografisch ist der Plan nicht realistisch." Montag, 23.30, ORF 2. (Alois Pumhösel, DER STANDARD; Printausgabe, 23.5.2011)