Washington/Wien - Das Tohoku-Erdbeben, das am 11. März 2011 Japan erschütterte und samt Tsunami rund 14.000 Tote forderte, war nicht nur eines der stärksten Beben überhaupt. Es ist auch besser dokumentiert als jedes andere Starkbeben zuvor. Und die erste Analyse der Daten, die in der aktuellen Ausgabe der US-Fachzeitschrift "Science" veröffentlicht wurden, fördern einige Überraschungen zutage.
Das katastrophale Beben der Stärke 9.0 war ein sogenanntes Megathrust-Beben. Solche Beben entstehen, wenn die in einer Subduktionszone übereinandergeschobenen Platten verhaken und sich dann die Spannung plötzlich löst. Bislang ging man davon aus, dass bei einem Beben dieser Stärke die Verwerfungszone mindestens 500 Kilometer lang sein müsste. Tatsächlich betrug die Länge dieser Zone nur rund die Hälfte. Und der aktivste Bereich, bei dem die Verrückung der Gesteinsplatten mehr als 30 Meter betrug (siehe Grafik) war überhaupt nur 50 bis 100 Kilometer lang.
Doch nicht nur die geringe Größe der Versatzzone überraschte die Forscher. Bisher nahm man an, dass das Gestein nahe dem Japan-Graben eine so hohe elastische Spannung gar nicht aufbauen kann. Ebenfalls nicht erwartet wurde, dass seismischen Wellen von verschiedenen Bereichen der Verwerfung ausgehen können.
Bei der Auswertung der Daten stießen die Wissenschafter aber auch auf eine große Unbekannte südlich der Verwerfungszone (siehe das Fragezeichen in der Grafik): Die Seismologen rätseln, ob sich in dem Gebiet vor der Küste von Tokio die Katastrophe wiederholen könnte. (tasch/DER STANDARD, Printausgabe, 21./22. 5. 2011)