Eines der 176 Gesichter von China, das Mathias Braschler und Monika Fischer porträtierten.

Foto: braschler/fischer

Innsbruck - China und sein rasanter gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Wandel, dessen Gegensätze und Facetten sind das Thema der Ausstellung China. down and up. Das Innsbrucker FO.KU.S. präsentiert mit der Porträtserie der Schweizer Fotografen Mathias Braschler und Monika Fischer und der Fotoserie The-Three-Gorges-Projekt des Österreichers Markus Krottendorfer zwei unterschiedliche dokumentarische Positionen.

Braschler und Fischer reisten 2007 sieben Monate lang mit einem Jeep und ihrem chinesischen Assistenten quer durch das riesige Reich. Ihr Vorsatz: den Menschen des Milliardenvolkes ein Gesicht zu geben. Der 31.000 Kilometer lange Trip führte sie sowohl in die futuristischen Glitzermetropolen als auch in entlegene, bitterarme Provinzen. Jeden Tag entstand ein Porträt, alle gestochen scharf und nach streng formalem Konzept. Eines der 176 Porträts ist jenes des Bauern Sung, der sein lebendes, zu Bündeln verknotetes Federvieh zum Markt trägt. Ein anderes zeigt den superreichen Autofabrikanten Yin Ming Shan, der zwischen seinen schwarzen Limousinen posiert. Als die Porträts in Peking gezeigt wurden, riss ein Besucher das Foto der Prostituierten Xia Lan, die dem Kindesalter noch nicht entwachsen zu sein scheint, aus Wut von der Wand.

Krottendorfer dokumentiert das Unhaltbare. Seine in blassen Farben gehaltene Fotoserie zeigt jene Städte, die dem Megakraftwerk Drei-Schluchten-Staudamm am Jangtsekiang weichen müssen und seelenlose Siedlungen und Wohntürme, die an höher gelegener Stelle neu aufgezogen werden. Krottendorfer fotografiert Geisterstädte, die darauf warten, geflutet zu werden. Zu den Menschen in der Szenerie bleibt er auf Distanz. Jedes seiner Fotos ist ein Abschied und ein stiller Protest. (Dorothea Nikolussi-Salzer/ DER STANDARD, Printausgabe, 20.5.2011)