Sonnige junge Leute im Visier dunkler Mächte: Juno Temple (li.), Thomas Dekker und Haley Bennett in "Kaboom".

Foto: Polyfilm

Wien - Im zarten Alter von achtzehn Jahren sieht man dem neunzehnten Geburtstag noch mit Beunruhigung entgegen: Smith (Thomas Dekker), Filmwissenschaftsstudent, wird von Albträumen geplagt: Hinter einer schwarzen Tür mit der rosa Nummer 19 wartet ein beängstigendes Rätsel. Dann wird er nachts auf dem College-Campus Zeuge einer Entführung - oder hat er sich das nur eingebildet? Außerdem ist Smith mit einem Überangebot an sexuellen Avancen konfrontiert. Das macht es weniger schlimm, dass sich sein Mitbewohner, ein Surfer namens Thor, ausschließlich für Frauen interessiert. Viel schlimmer sind ohnehin die Häscher mit den Tiermasken, die auch Smith zu verfolgen scheinen.

Der US-Filmemacher Gregg Araki drehte in den späten 80er-Jahren zunächst melancholische Low-Budget-Filme (Three Bewildered People in The Night u. a.), die man sich inzwischen eigentlich als Vorläufer der gegenwärtigen Mumblecore-Strömung noch einmal ansehen müsste. Dann machte Araki jedoch mit buchstäblich unverschämten Neudeutungen von Jugend-Genrefilmen Furore: Häufig in Beverly Hills 90210-verwandten Hochglanzwelten angesiedelt, wurde da von unglaublich gut aussehenden, supersmarten Kids freizügig gesprochen und noch freizügiger geliebt. Im Queer Cinema standen diese Filme für eine selbstbewusste Aneignung von Mainstream-Popkultur, die man lustvoll mit Subkultur infizierte.

In späteren Jahren versuchte sich Araki dann sowohl am seriösen Fach der Literaturverfilmung (von Scott Heims eigenwilligem Adoleszenz- und Missbrauchs-Roman Mysterious Skin) als auch an dessen komplettem Gegenteil: Smiley Face (2007) mit Anna Faris ist wahrscheinlich die lustigste Kifferinnenkomödie der Welt.

Kaboom markiert dagegen eine von B-Movie-Erneuerer John Waters persönlich angeregte Rückkehr zu Stil, Zugang und Themen von Filmen wie Totally F***ed Up (1993): Kaboom ist so frontal wie die Kamerablicke auf seine Protagonisten. Er ist grell, stylish, frech, schnell inszeniert. Die Anspielungen in der Erzählung reichen von Donnie Darko bis zu zeitgenössischem Fantasy-Horror. Schwulenklischees werden ebenso persifliert wie amerikanische Campus-Stereotype oder filmische Sex-Metaphorik. Smiths Identitätssuche fällt vor diesem Hintergrund kompliziert, aber dafür auch unterhaltsam aus.

Im Wiener Kinokalender kann man den Filmstart außerdem als Countdown für Identities nehmen: Der Kartenverkauf für das von 2. bis 12. Juni stattfindende Queer-Film-Festival Wien beginnt am Freitag, 20. Mai. (Isabella Reicher / DER STANDARD, Printausgabe, 20.5.2011)