Suche nach der sagenhaften Quelle der Jugend: Unterwegs dorthin muss Captain Jack (Johnny Depp) seinen Kajal mit Piratin Angelica (Penélope Cruz) teilen.

Foto: Disney

Wien - Captain Jack Sparrow, der Mann mit den dramatisch umrandeten Augen und dem unverkennbaren Gang, kommt allmählich in die Jahre: 2003 erblickte er das Licht der Leinwand, drei Abenteuer später ist es Zeit für eine Verjüngungskur. Nicht erst im Hollywood des neuen Jahrtausends gibt es dafür Mittel und Wege. Eine alte Karte weist dem Suchenden den Weg zur "Quelle der Jugend". Wie für jeden anständigen Zauber sind dafür ein paar Ingredienzien und Rituale nötig, vor allem die Träne einer Meerjungfrau - und die gibt es natürlich nicht einfach so im Piratenbedarfsgeschäft zu kaufen.

An der Karte und der Quelle sind außerdem noch andere interessiert: Eine ganze spanische Armada hat die Segel gesetzt. Der englische König hat sich mit einem vermeintlich Geläuterten (Geoffrey Rush) verbündet. Und eine schöne Piratin (Penélope Cruz) gibt sich zunächst gar als Captain Sparrow aus, um Mannschaft und Schiff zu bekommen.

Als Verjüngungskur in eigener Sache hat man für Fluch der Karibik - Fremde Gezeiten zunächst einmal die Handlung gestrafft. Und die Hauptattraktion aus dem zuletzt recht unübersichtlichen Dickicht an Nebensträngen und Figuren befreit und wieder deutlicher ins Zentrum gestellt:

Der Piratenkapitän, den sich Johnny Depp mit sichtbarem Vergnügen angeeignet und mit zahlreichen Manierismen zum Charakter ausgebaut hat, wird auch gleich zu Beginn des neuen Abenteuers in eine Serie von Maskeraden und wilden Jagden geschickt - Schwingen am Kronleuchter und halsbrecherisches Kutschen-Surfen über dem Kopfsteinpflaster von London inklusive. Das macht Spaß, hat weitgehend gutes Timing. Und es versetzt in einen Zustand gespannter Erwartung darauf, dass es jetzt und jetzt mit der Geschichte losgeht. Aber diese Erwartung wird dann nur bedingt eingelöst.

Eindimensionale Attraktion

Mit dem vierten Teil und der überflüssigen, weil bloß äußerlich bleibenden Aufrüstung zum 3-D-Film ist Fluch der Karibik nämlich endgültig wieder zu jener Jahrmarktsattraktion geworden, aus der die Kinoabenteuer ursprünglich stammen: einer Erlebnistour in Disney-World. Nach drei Teilen, die Gore Verbinski inszenierte, hat Disney den Regisseur ausgewechselt und mit Rob Marshall eine nur auf den ersten Blick eigenartige Wahl getroffen: Marshall ist als Choreograf und Regisseur von Musicals bekannt geworden - unter anderem hat er das Oscar-prämierte Chicago (2002) verantwortet. Jetzt lässt er Jack zum Beispiel hoch oben in den Wipfeln von Kokospalmen tänzeln und springen und schleudern. In den schönsten Momenten erinnert das an die atemberaubenden Kampfchoreografien, die das Hongkong-Kino perfektioniert hat.

Der Film ist kurzweiliger - und kürzer - als seine Vorgänger. Aber er hat außer Spektakel und Sparrow einfach wenig zu bieten: Die Geschichte von den rivalisierenden Schatzsuchern bleibt beiläufig, ein tragisches jugendliches Liebespaar (halbnackige) Statisterie und die Scheingefechte zwischen Depp und Cruz völlig spannungslos.

Weil man in Hollywood bei Teil vier längst nicht mehr ans Aufhören denkt, wird man an der Verjüngungskur vielleicht noch weiterschrauben. Nachschub aus der Fortsetzungsfabrik steht in den nächsten Wochen mit Kung Fu Panda 2, Transformers 3 oder dem zweiten Teil vom letzten Teil von Harry Potter schon fix am Programm. (Isabella Reicher/DER STANDARD, Printausgabe, 18. 5. 2011)