Für den Pfarrer und seine Jugendgruppe ist der Weg hier zu Ende. Wer auf Gott vertraut und weitergeht, wird angezeigt.

Foto: Sepp Rothwangl

Der Besitzer droht mit Anzeigen und kritisiert den Umgang mit Missbrauchsfällen.

Graz – So manches Verbotsschild ziert bereits die heimischen Wanderwege. Mitunter folgt auf den Tritt in die Mountainbike-Pedale eine Anzeige, oder es wird der übervolle Schwammerlkorb ein Fall für die Exekutive. Doch besonders heikel wird es ab sofort in einem 120 Hektar großen Wald in der Obersteiermark. Dort herrscht nämlich jetzt zwischen Flora und Fauna "Kleriker-Verbot". Und das ausgerechnet auf einem Pilgerweg nach Mariazell.

Nicht der Pfarrer an sich ist das Problem. Allein darf jeder Gottesmann durch den Wald von Sepp Rothwangl pilgern. Ein Sicherheitsproblem sieht der Waldbesitzer hingegen bei Kindergruppen, die von Geistlichen geführt werden. Eine gelbe Warntafel mit der Aufschrift "Kinderschutzgebiet", montiert neben dem offiziellen Wegweiser nach Mariazell, spricht eine deutliche Sprache. Dazu noch eine Zusatztafel: Das Betreten dieses Grundstücks ist Priestern, Ordenspersonal oder anderem Kirchenpersonal gemeinsam mit unbeaufsichtigten Kindern ohne Beisein von deren Eltern, Vormunden oder Bevollmächtigten verboten. Zuwiderhandlungen werden ausnahmslos angezeigt.

Der Wallfahrtsweg führt gut 1,5 Kilometer über das private Grundstück und geht von Kindberg über das Troiseck oder von Mitterdorf über den Hundskopf bzw. von Wartberg durch den Scheibsgraben zum Pretalsattel. Und von dort über die Rothsohl nach Mariazell. Tausende Wallfahrer wählen jährlich diese Route.

"Zeichen setzen"

"Damit habe ich kein Problem. Ich will mit meinem Verbot vielmehr ein Zeichen setzen. Der katholischen Kirche gelingt es nicht, die Missbrauchstäter aus den eigenen Reihen zu entfernen", erklärt Rothwangl im Standard- Gespräch. Kontrollieren will der Steirer die Einhaltung seines Verbotes mittels Videoüberwachung. Rothwangl: "Möglich ist auch der Einsatz einer Security."

Er selbst sei "Betroffener" und wisse daher, welche Auswirkungen sexuelle Misshandlung und Missbrauch durch Vertuschung haben. Rechtlich sieht Rothwangl sein Verbot gedeckt und beruft sich auf das Forstgesetz. Laut Paragraf 33 gilt die Wegefreiheit im Wald. Das heißt, jedermann darf den Wald zu Erholungszwecken betreten und sich dort aufhalten, gehen, wandern, laufen. Kommerzielle Veranstaltungen bedürfen aber der Zustimmung durch den Grundeigentümer. Und darunter fällt für Sepp Rothwangl auch eine organisierte Pilgerfahrt durch steirisches Gehölz.

Diözese Graz-Seckau: "Rechtlich und moralisch nicht haltbar"

Georg Zöhrer, Leiter der Abteilung Land- und Forstwirtschaft beim Land Steiermark, widerspricht: "Die Waldbetretungsverbote des Forstgesetzes greifen hier nicht. Der Pilgerweg ist öffentlich ausgeschildert als Wanderweg – und damit von jedermann und jeder Gruppe benutzbar, sofern nicht kommerzielle Zwecke dahinterstehen. Einschreiten kann der Besitzer nur, wenn der Herr Pfarrer den Weg verlässt."

Wenig Freude hat die Diözese Graz-Seckau. "Diese Art von Generalverdacht und -verurteilung ist weder rechtlich noch moralisch haltbar und strikt zurückzuweisen. Wir vermuten billigen Aktionismus auf Kosten einer seriösen Auseinandersetzung mit der schwierigen, komplexen Thematik sexuellen Missbrauchs", sagt Bischofssprecher Georg Plank. (Markus Rohrhofer, DER STANDARD-Printausgabe, 17.5.2011)