Foto: Gerhard Wasserbauer

Otto Wagner, möbliert by Kika: Das Schützenhaus am Donaukanal wurde auf exemplarisch uninspirierte Weise zum Restaurant umgebaut.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Es ist schon verwunderlich, dass ausgerechnet der prominent gelegene Otto-Wagner-Bau gar so lange brachliegen musste. Schließlich hat die Wiederentdeckung des Jugendstils schon etliche Jahrzehnte am Buckel - das für eine (niemals in Betrieb gegangene) Schleuse geplante Schützenhaus aber blieb weitestgehend ungenutzt und verfiel zusehends.

Offenbar hat es den Erfolg des nebenan gelegenen "Tel Aviv Beach" gebraucht, um das Potenzial des Baus an der sonnigsten Biegung des Kanals zu entdecken.

Berüchtigte Sexmetropole

An Ideen hätte es nicht gemangelt: Christian Petz und Geri Ecker (Badeschiff) wollten ein Boutique-Hotel daraus basteln, Haya Molcho konnte sich gar ein "politisch korrekt aufgezogenes" Freudenhaus darin vorstellen. Skurril? Mag sein. Den Betrieben, dank denen Wien eine europaweit berüchtigte Sexmetropole ist, hätte ein nachhaltiger, den Beschäftigten gegenüber fair wirtschaftender Mitbewerber als Vorbild nur gut getan.

Aber auch eine gut patinierte Partylocation hätte man sich wünschen wollen: Für die Meierei im Stadtpark wurde schließlich niemals Ersatz geleistet, seit sie der hohen Gastronomie zum Opfer dargebracht wurde.

Es hat nicht sollen sein. Die trostlose Möblage aus dem Kika-Katalog aber, mittels der das Schützenhaus seit vergangener Woche in ein Restaurant mit, ja was wohl, "Monarchie-Schmankerln" verwandelt wurde - die hat sich der Bau nicht verdient. Die biederbraune Gastro-Landschaft (bis hin zu den Backhausen-Stoffen) würde alleweil in ein Seniorenheim passen - an diesem emblematischen Ort der Stadt aber bereitet sie körperliche Schmerzen.

Fiakergulasch, Schnitzel, Backhendl und Buchteln

Dass 2011 in Wien noch derart uninspiriert mit höchstem Kulturerbe verfahren werden darf, stimmt traurig. Man darf nicht daran denken, was in Städten wie Amsterdam, Kopenhagen oder Barcelona aus einem vergleichbaren Schmuckstück entstehen hätte dürfen.

Da kann auch das Essen nichts retten, bei dem naturgemäß kein Klischee ausgelassen wird: Von Fiakergulasch über Schnitzel und Backhendl bis zu letscherten Buchteln ist alles da, was der stereotypische Wientourist sich so reinschieben muss. Dass die Küche auch anders könnte, zeigt Wels mit Gansleber, Nusspüree und gebratenen Äpfeln (Bild): Das sind zwar nicht gerade frühlingshafte Aromen, dafür werden sie aber sehr gekonnt zusammengeführt. ( Severin Corti/Der Standard/rondo/13/05/2011)