Die User wünschen und Chus Naves gibt fürs Team die verlängerte Maushand.

Foto: TKgoal.com

Wie in zum Kult avancierten Retro-PC-Spielen à la DSF Manager können selbsternannte und wahre Taktikgenies über die Online-Plattform TKgoal.com das Geschick des gleichnamigen spanischen Regionalligisten aus Oviedo in Asturien steuern.

Der startete wie beim virtuellen Zeitfresser für Zocker seine erste Spielzeit 2010/11 ganz unten. Damit ist das Ziel des "Weltfußballteams" TKgoal.com mit dem Motto "Unsere Vielfalt ist unsere Stärke" klar: Aufsteigen, und das muss man oft, um aus Asturiens zweiter Regionalliga kommend, aus der siebenten Spielklasse also, sich mit den Großen des iberischen Fußballs messen zu dürfen.

Man wollte mit einem "völlig neuen Team starten" , sagt Javier Morales, Präsident und Gründer von TKgoal.com, dem Standard. "Nur so schreiben wir die eigene Vereinsgeschichte." Vor drei Jahren schmiedete Morales den Plan, ein Online-Team zu starten. "Gebt uns zehn Jahre. Im Idealfall treffen wir dann auf Real Madrid oder Barcelona."

An dieser Mammutaufgabe werken aktuell rund 1400 Online-Trainer, vornehmlich aus Spanien, aber auch aus dem Senegal oder aus Kolumbien. Aus dem deutschsprachigen Raum beteiligen sich rund 20 User aktiv, sagt Morales. Das virtuelle Spiel mit realen Spielern ist kostenlos und neben Spanisch auch auf Englisch verfügbar.

"Wir sind alles andere als ein Lokalteam" , unterstreicht auch Chus Naves, der weisungsgebunden die Wünsche der User umsetzt. Über das Sportliche gilt es, Fans über kulturelle Grenzen hinweg zu vereinen. "TK" steht dabei für "Ts'Uh Kúh" , die fonetische Schreibweise der Urform des Ballsports im alten China und Name der Stiftung, die den Verein - neben einer ansehnlichen Sponsorenriege - unterhält.

Morales baut auch auf einen "Wikipedia-Effekt" : "Die besten der 4000 User-Vorschläge dieser Spielzeit werden in den Manager eingearbeitet." Für teure Neuverpflichtungen fehlt es dem Amateurteam zwar an "Pasta" , aber in Zukunft soll darüber auch die Community entscheiden.

In deren Maushänden liegen Aufstellung und Taktik, die per Abstimmung festgelegt werden. Über Webcams können User am Training sowie den aufgezeichneten Partien teilhaben. Auf dem eigenen Youtube-Kanal geben Spieler Interviews. Über den Kabinentratsch hält ein Teammitglied als "Embedded Blogger" die 14.000 Fans umfassende Online-Fangemeinde am Laufenden.

Dass ein Traineralltag Zeit und Einsatz beansprucht, das merken Neomanager rasch. Täglich werden sie per Mail über die anstehenden Aufgaben informiert. Erfüllen sie diese mit Erfolg, gibt es Punkte. Den Besten winkt der Titel "Manager der Woche" .

In dieser Saison hat es nicht mit dem Aufstieg geklappt. Man rangiert im oberen Mittelfeld, jedoch abgeschlagen hinter den beiden Aufsteigern. Schuld daran haben auch die Web-Trainer, die Häme für Fehlentscheidungen ebenso verkraften müssen, wie auch "die Spieler mit Groll akzeptieren würden, wenn sie nicht in der Aufstellung sind" , sagt Morales. "Das ist eben Fußball, hart und pur." (Jan Marot aus Granada, DER STANDARD, Printausgabe, Freitag, 13. Mai 2011)