Live P.A.

Foto: Wordandsound

KODE 9 & THE SPACEAPE
Black Sun
(Hyperdub/Trost)
Hyperdub-Labelchef Steve Goodman aus Glasgow, Dubstep-Mitbegründer und Universitätslektor, der 2009 mit der Studie Sonic Warfare: Sound, Affect, and the Ecology of Fear eine grundlegende Arbeit zum Thema Psychoakustik vorlegte, veröffentlicht gemeinsam mit MC The Spaceape ein zweites Album. Nach dem grandiosen Debüt Memories Of The Future von 2006 wird mit den Gästen Cha Cha und dem kalifornischen Produzentenwunderkind Flying Lotus mit tiefer gelegten Bässen, rigider Verlangsamung von jamaikanischem Dub unter Berücksichtigung härterer, auf Kollisionskurs programmierter Gangarten wie Grime und UK-Hardcore und gut eingerauchtem Paranoia- und Grabesstimmen-Sprechgesang eine bedrohliche, albtraumhafte Atmosphäre erzeugt. In den wacheren Momenten wie etwa im Track Am I erinnert das an Tricky in dessen bester Zeit. Allerdings herrscht auf dem Dancefloor alles in allem quälende Endzeitstimmung. Die Tracks titeln bilderreich: Black Smoke, Black Sun, Hole In The Sky, Bullet Against Bone. Harter Stoff, mitunter an der Grenze zum Stillstand.

ELEKTRO GUZZI
Live P.A.
(Macro/Wordandsound)
Das Wiener Trio begeisterte im Vorjahr mit einem namenlosen Debüt und Tracks, die in der klassischen Rockbesetzung Gitarre, Bass, Schlagzeug unter strikter Vermeidung eines Gesangsmikrofons Techno als goldenes Handwerk für hart arbeitende Livemusiker nachstellten. Man könnte sich natürlich fragen, ob so ein Unterfangen sinnvoll ist. Warum sich abrackern, wenn man die Maschinen sprechen lassen kann? Das Ergebnis dieses jetzt vor allem mit dem live im Studio eingespielten Folgewerk Live P.A. Respekt zollenden Ansatzes kann sich aber hören lassen. Ohne Overdubs, allerdings mit einer ganzen Batterie von Effektgeräten, wird unter der Regie des durch seine Zusammenarbeit mit dem jamaikanischen Dub- und Reggae-Altmeister Lee Perry bekannten Toningenieurs Brendon "Octave" Harding eine druckvolle Kraft aufgebaut, wie man sie in diesem Kontext trotz Vorgaben etwa der deutschen Band Beige GT noch nicht gehört hat.

ABOUT GROUP
Start And Complete
(Domino)
Alexis Taylor und seine brüchige, mit einer Extraportion zitternder Sehnsucht aufgeladene Kopfstimme kennt man sonst von den britischen Elektronikpoppern Hot Chip. Gemeinsam mit Schlagzeuger Charles Hayward von den formidablen alten Avantgarde-Sturschädeln This Heat und John Coxon (Spring Heel Jack, Spiritualized) und Freistilmusiker Pat Thomas, der unter anderem mit Derek Bailey und Tony Oxley arbeitete, nahm Taylor an nur einem Tag die für dieses Freizeitprojekt geschriebenen Songs in den Londoner Abbey-Road-Studios auf. Das Ergebnis dieser skizzenhaften Stücke klingt zwar nicht ganz so aufregend, wie man es sich bei dieser Besetzung erwarten würde. Die melancholischen, ruhigen Lieder erinnern mit ihren zarten Verweisen auf die Songwriting-Schule der 1970er-Jahre allerdings daran, dass selbst in einem Modernisten wie Taylor die Tradition ihren Platz findet. (Christian Schachinger  / DER STANDARD, Printausgabe, 13.5.2011)