Karlheinz Töchterle und Sigrid Maurer bei ihrer ersten gemeinsamen öffentlichen Diskussion als Minister und ÖH-Chefin - in einer Debatte mit Lisa Nimmervoll (Moderation, li.) und Gunter Quaißer (re.)

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Wien - Ein Minister, der "Schönen guten Abend, liebe Studierende" wünscht und aus einem Saal voller Studierender weder Buhrufe noch Quietschhähnchen-Pfeifen erntet: In der österreichischen Uni-Landschaft ist ein neuer Kommunikationston eingezogen. Das wird klar bei der ersten öffentlichen Diskussion zwischen Neo-Wissenschaftminister Karlheinz Töchterle und der Noch-ÖH-Vorsitzenden Sigrid Maurer.

Am Dienstagabend diskutierten sie gemeinsam mit dem deutschen Hochschulforscher Gunter Quaißer von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft unter der Moderation DER STANDARD-Innenpolitik-Redakteurin Lisa Nimmervoll zum Thema "Schöne neue Hochschulwelt - wie wird sie in Zukunft aussehen?"

Obwohl der Minister in seiner dreiwöchigen Amtszeit immer wieder repetiert hat, dass man in der alles dominierenden Forderung nach Geld die Unis schlechter dastehen lasse als gerechtfertigt, kam er nicht umhin, doch einige Finanzierungsfragen zu beantworten. Schließlich ließ die neue Finanzministerin Maria Fekter im Standard-Interview damit aufhorchen, dass die Unis nur dann mehr Geld erwarten dürften, wenn sie Reformen auf den Weg brächten. Töchterle zeigte sich siegessicher: "Mit Studienplatzfinanzierung und Hochschulplan sind die Forderungen der Finanzministerin erfüllt."

Quaißer sah in der Vorgehensweise der Finanzministerin, erst dann mehr Geld geben zu wollen, wenn Einsparungen vorgenommen würden, einen "Wettbewerbsgedanken, der sich erst in den letzten 20 Jahren in der Hochschulsteuerung etabliert hat".

Dissens über Masterzugang

Zwischen Töchterle und Maurer machte sich vor allem Harmonie breit, nicht zuletzt weil Töchterle versicherte, das Thema Studiengebühren nicht voranzutreiben, auch wenn er sie für sinnvoll hielte, um etwa Deutsche, die in Österreich studieren, an den Kosten zu beteiligen. Im Gegenzug kündigte er an, den Anstoß zu geben für "eine europäische Finanzierung des Hochschulraumes".

Ein Dissens zwischen der Minister- und der Studentensicht tat sich beim Zugang zum Master auf. Während für Maurer klar ist: "Natürlich soll jeder, der einen Bachelor hat, Anspruch auf einen Master haben", wendete Töchterle ein: "Das bringt uns an das Grundproblem der Kapazitäten von Studienplätzen." Dass Österreichs Unis Kapazitätsgrenzen "nicht leben dürfen", halte er für "unerträglich". Diese Sicht wiederum machte Maurer "sehr traurig: Man überlegt sich gar nicht, was man als Idealzustand haben will, sondern sagt, es geht nicht."

Dass mit dem Altphilologen Töchterle grundsätzlichere Überlegungen zur Institution Universität in das Ministerium Einzug halten, zeigte sich in seinen Überlegungen zu Bildung und Ausbildung - die Wurzeln dieses Diskurses führen Töchterle bis zu Platon zurück. "Die Sophisten sagten im damaligen Athen, wir bilden Männer aus, die sich rhetorisch durchsetzen können." Im Gegensatz dazu hätte Platon das Prinzip der Bildung der Bildung willen gestellt. Heute hingegen gebe es den umgekehrten Effekt: eine Ablehnung der zweckorientierten Ausbildung, obwohl sie damals wie heute als Mittel des sozialen Aufstiegs fungiert. "Diese Umwertungen faszinieren mich und am meisten, dass heute die Studierenden die elitäre platonische Position vertreten." (Tanja Traxler, DER STANDARD, 12.5.2011)