Wien - Um Flüchtlingstragödien im Mittelmeer zu verhindern, fordert das UNO-Flüchtlingshochkommissariat eine Verbesserung der Kommunikation zwischen den einzelnen Ländern. "Jedes Schiff, das derzeit in Libyen abfährt, kann potenziell in Seenot geraten", sagte Ruth Schöffl vom UNHCR Österreich der ZIB 24 des ORF in der Nacht auf Dienstag. Die einzelnen Länder, vor allem Malta und Italien, "müssen sich ganz genau abstimmen, wo die Boote sich befinden, damit nicht aus Kommunikationsmangel wieder eine Tragödie entsteht", erklärte sie nach den Berichten über den Tod von 61 Passagieren eines Flüchtlingsbootes.

Die britische Zeitung "The Guardian" hatte berichtet, dass von 72 Flüchtlingen aus der Nähe von Tripolis - darunter Frauen, Kinder und politisch Verfolgte - nur elf überlebt hätten (siehe derStandard.at-Bericht). Das Flüchtlingsboot trieb nach einem Ausfall des Motors wegen Treibstoffmangels 16 Tage im Mittelmeer. 61 Insassen seien umgekommen, obwohl die besorgniserregende Lage ihres kleinen Bootes den vor der Küste Libyens patrouillierenden europäischen Streitkräften klar gewesen sei. Die NATO bestritt die Vorwürfe.

Zu viele Schiffe, zu wenig Kommunikation

Es handle sich um eines der meist befahrendsten Meeresgewässer mit sehr vielen Akteuren, sagte Schöffl. Im Mittelmeer befänden sich kommerzielle Schiffe, die Handelsgüter transportieren, Privatschiffe auf Reisen, Patrouillenschiffe der Länder, die ihre Seegrenzen beobachten, und die Militärbündnisse. "Und was zwischen diesen Akteuren fehlt, ist (...) eine gute Kommunikation."

Europäische Maßnahmen gegen den Flüchtlingsstrom sah Schöffl kritisch. "Im Moment ist Lampedusa nicht überfüllt." Die Expertin plädierte dafür, sich die Zahlen genau anzusehen: 750.000 Menschen, die an der Grenze zu Tunesien und Ägypten stehen, versus knapp 30.000 Menschen, die nach Europa kommen. "Ich denke, hier dürfen wir die Relation nicht aus den Augen verlieren. Und wir müssen auch diesen Menschen, die diesen beschwerlichen Weg antreten, jegliches Recht auf Asyl gewähren und internationalen Schutz gewährleisten."

Von Libyen nach Lampedusa

Auf der italienischen Insel Lampedusa seien in den vergangenen Tagen rund 2.400 Menschen angekommen, berichtete Schöffl weiter. Die meisten kämen aus Libyen, seien aber meist keine Libyer: sondern Menschen, die sich bereits vor der Krise als Flüchtlinge in Libyen befunden haben. "Das sind eigentlich Menschen, die es doppelt trifft. Es sind die schwächsten der Schwachen, die ankommen." (APA)