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Die Grünen fordern mehr Betreuungsplätze für Kleinkinder ein.

Foto: Metropolitan Opera/AP/dapd

Wien - Ein Satz in einem 200-seitigen Papier auf der Website des Bundeskanzleramtes lässt Grünen-Familiensprecherin Daniela Musiol vermuten, dass die Bundesregierung ihre selbst gesteckten Ziele zum Ausbau der Kinderbetreuung nicht ganz ernst nimmt: "Betreuungsplätze für 33 Prozent der unter Dreijährigen bis 2020" soll es in Österreich geben, steht im "Nationalen Reformprogramm 2011" geschrieben. Diese 33 Prozent sind im sogenannten Barcelona-Ziel der EU vereinbart, das freilich schon bis Ende 2010 erreicht werden hätte sollen.

Für Musiol ist "ganz klar, dass Kinder und Familien unserer Regierung nichts wert sind". Sie fordert, die sogenannte Anstoßfinanzierung für den Ausbau der Kinderbetreuung wieder aufzunehmen. Von 2007 bis 2010 erhielten die Länder - die grundsätzlich für Kinderbetreuung zuständig sind - 15 Millionen Euro pro Jahr für die Schaffung neuer Infrastruktur, unter der Bedingung, dass sie diese Summe verdoppeln. Heuer lief dieser Bundeszuschuss aus. Vorerst - denn als Reaktion auf Musiols Aussage plädierten Familienminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) und Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) am Montag im Ö1-Mittagsjournal dafür, von Bundesseite wieder Geld lockerzumachen.

18.000 Plätze fehlen

Die Frauenministerin kann sich sogar vorstellen, den Ländern in den nächsten Monaten eine entsprechende Zusage zu geben, um schon ab Herbst die Kindergärten weiter auszubauen. Die Grünen würden einen "Sturm im Wasserglas" erzeugen, heißt es zudem aus dem Ministerium, denn selbstverständlich wolle man das Barcelona-Ziel so schnell wie möglich erreichen. Mitterlehner spricht von drei bis vier Jahren. 18.000 Betreuungsplätze für Null- bis Dreijährige fehlen laut dem Familienminister derzeit.

In Österreich gibt es derzeit für 16 Prozent der Kleinsten Plätze, laut einem Papier der EU-Kommission immerhin eine deutliche Steigerung zu 2008, als Österreich bei weniger als zehn Prozent hielt. Schon damals hatten mit Dänemark, den Niederlanden, Schweden, Belgien und Spanien fünf Länder das Barcelona-Ziel übertroffen. Geht der Kindergartenausbau in Österreich im aktuellen Tempo weiter, dann sei Österreich tatsächlich erst 2020 bei 33 Prozent, glaubt Musiol. (Andrea Heigl, STANDARD-Printausgabe, 10.5.2011)