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Der kleine, drahtige Mann ist weder Spitzenpolitiker noch Wirtschaftskapitän oder Nobelpreisträger - und dennoch hat ihn das Time Magazine unlängst unter die 100 einflussreichsten Menschen der Welt gereiht.

Ahmed Shuja Pasha, der so außerordentlich mächtige Unbekannte, ist in einem diskreten Geschäft tätig. Der Chef des pakistanischen Geheimdienstes ISI (Inter Services Intelligence) hält in beinahe allen heißen Konflikten in Südasien die Fäden in der Hand. Dem ISI entgeht am Hindukusch üblicherweise nichts. Und deswegen ist es auch schwer vorstellbar, dass der amerikafreundlich und talibanfeindlich eingestellte Pasha nichts vom Aufenthaltsort Osama Bin Ladens und der Kommando-Aktion der USAgewusst haben soll.

Pasha (59) ist seit Ende 2008 Generaldirektor der pakistanischen Spitzel. Er trat sein Amt an, als die Beziehungen des Dienstes zu den Amerikanern auf der Kippe standen. Die CIA hatte eben ein Dossier vorgelegt, das ISI zu enge Kontakte mit Taliban und dem Haqqani-Netzwerk vorwarf. Auf Geheiß von Armeechef Ashfaq Kayani sollte General Pasha das Vertrauen in den Dienst wiederherstellen, der für sein Doppelspiel, Morde und sogar als angeblicher Terrordrahtzieher der Anschläge auf Luxushotels in Mumbai im Jahr 2008 bekannt wurde.

Das ist ihm, zumindest nach Einschätzung des Analysedienstes Stratfor, teilweise gelungen: "ISI ist im Übergang von einem Förderer zu einem Bekämpfer des Jihad begriffen" , schrieben die Experten. Und Pasha selbst sagte: "Wir sind vielleicht verrückt in Pakistan, aber nicht total verrückt. Wir wissen sehr gut, dass nicht Indien unser Feind ist, sondern der Terror." Fraglich bleibt trotzdem, ob alle Ränge im ISI die Einschätzung ihres Chefs teilen, der zuletzt trotz bereits erreichten Pensionsalters noch einmal für ein Jahr verlängert wurde.

Wahrscheinlich, weil Pasha auch nach westlichen Standards als außergewöhnlich guter Offizier und Manager gilt. In den 1980er-Jahren lebte er für einige Jahre in Deutschland, wo er Offizierslehrgänge besuchte. Seither spricht er hervorragend Deutsch. Noch heute soll er sich jeden Tag in der Früh an seinen Computer setzen, um deutsche Zeitungen zu lesen. Karriere machte er auch bei der Uno. Er war Blauhelm-Kommandeur in Sierra Leone und sollte 2007 als Militärberater zu UN-Generalsekretär Ban Ki-moon wechseln. Das Amt trat er nie an. Die Militärpflicht hielt ihn in Islamabad. (Christoph Prantner/DER STANDARD, Printausgabe, 7.5.2011)