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Wer in Privatkonkurs schlittert, könnte es künftig ein bisschen leichter haben, seine Schulden abzutragen. Zufrieden ist mit den Reformvorschlägen für das Schuldenregulierungsverfahren niemand so recht.

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Wien - In die Debatte über neue Regeln für Privatkonkurse kommt wieder mehr Bewegung. Gefordert und teils auch geplant sind vom zuständigen Justizministerium einige Erleichterungen für Schuldner.

Ein Beispiel: War es bisher möglich, binnen drei Jahren die Hälfte der Gesamtsumme zu zahlen und somit von der Restschuld befreit zu werden, soll dies laut Entwurf bereits nach drei Jahren und einer Zahlung von 30 Prozent möglich sein. Die Mindestquote von zehn Prozent, die im Rahmen eines Konkursverfahrens gezahlt werden muss, soll laut dem Vorschlag aber unangetastet bleiben.

Für sogenannte "redliche Schuldner", also in Not geratene Personen, sind ebenfalls Verbesserungen angedacht. Laut Entwurf darf das Gericht, das über die Befreiung von der Restschuld entscheidet, diese nicht ablehnen - sofern ein sogenannter Billigungsgrund vorliegt. Ein solcher wäre Krankheit, Unfall oder Arbeitslosigkeit. Angedacht ist auch eine Verkürzung der Sperrfristen, die bei einer Pflichtverletzung des Schuldners in Kraft treten. Dabei wird das Verfahren abgebrochen und der Schuldner für eine Zeit von bis zu 20 Jahren für einen erneuten Antrag gesperrt.

Zufrieden ist niemand

Die Meinungen zu diesen Neuerungen gehen weit auseinander, wirklich zufrieden ist niemand. Auch wenn es eine Erleichterung sei, handle es sich dabei eher um ein "Reförmchen" als um eine Reform, sagt Alexander Maly von der Schuldnerberatung. "Diejenigen unter unseren Klienten, die heute die Quote von 50 Prozent nach drei Jahren erreichen, sind die absolute Ausnahme." Auch die Erleichterung auf 30 Prozent nach fünf Jahren würde daran nicht viel ändern. Viele hätten schon damit zu kämpfen, überhaupt die Mindestquote von zehn Prozent zu schaffen.

Artur Schuschnigg von der Wirtschaftskammer möchte hingegen das Privatkonkursverfahren so lassen, wie es ist: "Es ist ein Instrument, mit dem man gut arbeiten kann." Er fürchtet, dass durch die geplante Novelle Missbrauch vereinfacht werden könnte. "Wer Schulden macht, soll das nicht leichtfertig tun können", darauf müsse bei einer Neuerung geachtet werden, drängt Schuschnigg.

Kritik kommt auch von den Gläubigerschutzverbänden. Sie lehnen schon die bestehende Möglichkeit der Restschuldbefreiung nach drei Jahren vehement ab und fordern, dass dieses Schlupfloch beseitigt wird. "Solche Regelungen werden sich in bestimmten Schuldnerkreisen steigender Beliebtheit erfreuen, nämlich bei jenen, die über höhere Rückzahlungskraft verfügen", so Wolfgang Hrobar vom Alpenländischen Kreditorenverband (AKV). Damit würden vor allem gut verdienende Schuldner begünstigt, die weit mehr als 50 Prozent zahlen könnten, so auch Hans-Georg Kantner vom Kreditschutzverband von 1870 (KSV). Bei hohen pfändbaren Geldleistungen sei bei voller Laufzeit unter Umständen in einigen Fällen sogar die volle Tilgung der Schulden möglich, so Hrobar.

Inkrafttreten noch unklar

Wann genau die Novelle in Kraft treten soll, ist noch nicht klar. Experten rechnen damit aber spätestens zum Jahreswechsel. Die Einbringung des Gesetzesentwurfs ins Parlament dürfte sich durch den Justizministerwechsel erneut verzögert haben.

Aktuell dauert ein Privatkonkursverfahren sieben Jahre. Dabei stellt der Schuldner einen Zahlungsplan auf, dem alle Gläubiger zustimmen müssen. Tun sie das nicht beziehungsweise scheitert der Plan, beginnt das sogenannte Abschöpfungsverfahren. Konkret bedeutet das für den Schuldner nach vorhergehenden Pfändungen, ein Leben am Existenzminimum. Zehn Prozent der Schulden müssen nach sieben Jahren abbezahlt sein, um das Verfahren abschließen zu können. Wer diese Mindestquote nicht zahlen kann und auch aus anderen Gründen keine Restschuldbefreiung erzielt, kehrt mehr oder weniger an den Beginn seines Verfahrens zurück. (lp, APA, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 7./8.5.2011)