Franz Schreiber und Franz Karner im Schatten des Containers.

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"Am besten einfach den Fluchtweg frei machen und keine Auseinandersetzung riskieren", antwortet Franz Schreiber auf die Frage, wie man einem Einbrecher in der eigenen Wohnung am besten begegnen soll. Gemeinsam mit seinem Kollegen Franz Karner sitzt er am Ottakringer Yppenplatz hinter einem weißen Tisch und gibt Ratschläge zum richtigen Umgang mit Verbrechen. Der Tisch, Schreiber und Karner befinden sich in einem Frachtcontainer in den Farben der österreichischen Bundespolizei.

Seit anderthalb Jahren operiert die Wiener Polizei aus dem Container. In seinem Innern beraten Beamte zwischen Balkenschlössern und aufbohrsicheren Fensterrahmen besorgte Bürger über Einbruchschutz. Zumindest laut Anweisung. In der Praxis richten sich die Passanten aber oftmals mit ganz anderen Problemen – Schmutz und Lärm, Drogenhandel in der Gegend oder Streitereien mit den Nachbarn – an die Beamten. "Und manche kommen nur vorbei, weil sie eine halbe Stunde plaudern wollen", erzählen Karner und Schreiber, die zeitweiligen Herren über den Großraumbehälter.

Huckepack am Polizeilaster

Üblicherweise macht der genormte ISO-Container zwei Tage lang Station an einem bestimmten Ort und ein Team der jeweiligen Bezirkspolizei betreut die Hilfesuchenden. Ausgewählt werden die Standorte nach Passantenaufkommen und – womöglich kein so gutes Zeichen, wenn die Büchse plötzlich ums Eck steht – nach der Kriminalstatistik: Wo vermehrt eingebrochen wird, wird mit einiger Wahrscheinlichkeit auch der Container auftauchen, bevor er huckepack auf einem Polizeilaster seine weitere Reise durch die Bundeshauptstadt antritt.

Die Idee schaute sich die Wiener Polizei bei den Kollegen in der Schweiz ab. Seit dem Pilotprojekt in Wien-Mauer im Oktober 2009 tourt der Container durch Gemeindebauten, Freibäder, Kleingartensiedlungen und Fußgängerzonen in der Nähe von U-Bahn-Stationen. Seit kurzem hat die Exekutive auch einen Lkw mit noch mehr Ausstattung im Einsatz. Doch das sind nur die zwei sichtbareren Projekte eines Maßnahmenpakets zur Verbrechensprävention.

"Wenn es notwendig ist, machen wir auch Hausbesuche. Wir können jederzeit einen Termin vereinbaren und uns dann die Lage vor Ort anschauen", sagt Karner, der wie sein Kollege aus Niederösterreich kommt und nach mehreren Jahrzehnten Polizeidienst eine gewisse Gelassenheit ausstrahlt. Wenn es Bedarf gibt, schicken ihre Kollegen auch vermehrt Streifen an sogenannte "Hot Spots" mit erhöhtem Anzeigenvolumen. Daneben arbeitet sie mit Bürgerinitiativen wie proNACHBAR zusammen und hält an Schulen Workshops, in denen es auch um Suchtgiftprävention und Jugendschutz geht.

"Männer geben das nicht so leicht zu"

In der jüngeren Zeit hat neben der Vorbeugung aber auch die Nachsorge und der Opferschutz an Stellenwert gewonnen. Wenn sich Betroffene von Einbruchsdiebstählen an die Container-Crew wenden, wird von den Polizisten auch eine Art psychologischer Erstversorgung erwartet. Sie kennen die Nöte der Geschädigten: "Vor allem Frauen fühlen sich dann nicht mehr wohl in der Wohnung. Natürlich ist das bei Männern nicht viel anders. Aber die geben es nicht so leicht zu. Viele schrecken in der Nacht häufig hoch oder waschen nach dem Einbruch das gesamte Gewand, auch wenn die Kastentür gar nicht aufgemacht wurde", erzählt Karner im Container, während draußen am Yppenplatz das Rückfahrsignal eines Lkw den Abtransport ankündigt.

Es ist kurz vor 18.00 Uhr und der zweite Tag der Aktion fast vorbei. Hat sich der Einsatz gelohnt? "Durchschnittlich kommen pro Tag 20 bis 25 Leute in den Container. Gestern waren es sogar 34", rechnen Schreiber und Karner nach. "Wenn es uns gelungen ist, das Interesse dieser Bürger zu wecken, dann hat es sich auf jeden Fall ausgezahlt". Letztlich aber nicht nur für die Bürger, sondern auch für die Exekutive: "Manchmal berichten uns die Leute, dass sie einen Verdächtigen gesehen haben. Wenn jemand auf uns zukommt und uns vom Vorgehen der Verbrecher erzählt, dann profitieren wir natürlich auch davon. Aber in erster Linie geht es uns ums Vorbeugen." (Michael Matzenberger, derStandard.at, 9.5.2011)