Bild nicht mehr verfügbar.

Der Nationalpark Donauauen soll wieder stärker vom Hauptstrom durchflutet werden - hier ein Bild aus der Au bei Stopfenreuth, wo anno 1985 Umweltaktivisten ein Kraftwerk verhinderten.

APA-FOTO: HERBERT NEUBAUER

Bild nicht mehr verfügbar.

Einige Testprojekte für die Anbindung von Seitenarmen wurden bereits durchgeführt, wie hier bei Haslau.

APA-FOTO: KOVACS

Die Situation gleicht folgender: Ein Riesenfrachter ist im Schlamm stecken geblieben und es wird mit voller Motorenkraft versucht, den Kahn gleichzeitig vorwärts und rückwärts aus dem Morast heraus zu manövrieren. Es geht um die Donau östlich von Wien, die sich zusehends eintieft, wodurch dem Nationalpark Donauauen langsam aber sicher die ökologisch so notwendigen Zuflüsse abhanden kommen und langfristig auch die Schifffahrt darunter leiden könnte. Noch dazu betrifft es unter anderem eine der sensibelsten und historisch gewichtigsten Nationalparkgegenden Österreichs: die Auen auf der Höhe zwischen Bad Deutsch-Altenburg und Hainburg. 

Ende Februar war das heftig diskutierte Pilotprojekt Bad Deutsch-Altenburg vom niederösterreichischen Umweltlandesrat Stephan Pernkopf vorerst auf Eis gelegt worden - mit der Begründung, dass sich das Unterfangen nicht im geplanten Zeitraum bis Ende 2011 umsetzen lasse und gewisse Details überarbeitet gehörten (siehe Bericht). Dabei handelt es sich bei diesem Projekt "nur" um den letzten von sieben Testversuchen für jene aufwändigen Umbaumaßnahmen, die unter dem sperrigen Überbegriff "Flussbauliches Gesamtprojekt (FGP)" firmieren und womit eine Serie von Eingriffen auf der rund 50 Kilometer langen Strecke der Donau östlich von Wien gemeint ist. 

Das FGP ist mit rund 250 Millionen Euro budgetiert und könnte ab etwa 2015/16 über zehn Jahre hinweg umgesetzt werden. Das gestoppte Pilotprojekt würde 11,2 Millionen kosten. Finanziert wird das Ganze von der via donau (eine 100-Prozent-Tochter des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie), die für die Erhaltung der Wasserstraße zuständig ist.

Umwelt-NGOs mit unterschiedlichen Zugängen

Während der WWF Österreich mittlerweile mit der via donau Gespräche aufgenommen hat, um das Pilotprojekt Bad Deutsch-Altenburg zu adaptieren, fordern vier andere Umweltschutz-NGOs (Umweltdachverband, Forum Umwelt und Wissenschaft, Bundesinitiative Donau sowie Virus) einen kompletten Neustart und präsentierten unlängst den "Naturversuch Hainburg". Kurz zusammengefasst setzt sich dieses Projekt aus drei Teilen zusammen, die bereits von der via donau geplant, aber entweder noch nicht umgesetzt worden sind oder erst in der Phase des FGP realisiert werden sollen. "Der Hintergedanke ist, wenn man rasch etwas machen will, dass man Vorhandenes in einem neuen Kontext umsetzt", meint Wolfgang Rehm von der Umweltschutzorganisation Virus.

Einer der wesentlichen Kritikpunkte der vier NGOs am gestoppten Pilotprojekt Bad Deutsch-Altenburg ist die sogenannte Granulometrie. Dabei wird - vereinfacht gesagt - gröberer Schotter in besonders gefährdete Sohlbereiche eingeschüttet, um die zunehmende Auswaschung zu unterbinden (siehe Hintergrundbericht). "Wir lehnen diese Methode zwar nicht grundsätzlich ab, aber Grobschotterzugaben sind keineswegs das Non-Plus-Ultra zur Bekämpfung der Sohleintiefung - die Donau hat das gelindere Mittel verdient", so Rehm. Zusätzlich sei bei dem neuen Projekt auch tatsächlich gewährleistet, dass es als Naturversuch eingestuft werden könne. Offen bleibt jedoch die Frage, wer es finanzieren soll.

WWF zieht internationalen Experten bei

Der WWF hingegen will dem Thema Granulometrie zumindest eine Chance geben. "Wir arbeiten an keinem eigenen Projekt, sondern wollen, dass die Granulometrie einmal getestet wird - weil sie durchaus eine erfolgreiche Methode sein kann, um die Sohleintiefung zu bekämpfen", skizziert der Stellvertretende Geschäftsführer Andreas Wurzer die Strategie seiner NGO. Die Granulometrie wurde auch bereits ausführlich in einem eigenen Strömungskanal an der TU Wien getestet. Jetzt sei es an der Zeit, dass man die Methode im "Feld" anwende, um daraus weitere Schlüsse zu ziehen, erklärt Wurzer und fügt hinzu: "Denn so wie das Projekt der via donau grundsätzlich konzipiert ist, kann man es ruhig Naturversuch nennen." Um dem ganzen Vorhaben noch mehr Nachdruck zu verleihen, habe der WWF auch den deutschen Donau-Experten Georg Rast beigezogen, der "die Situation an manchen Stellen der Donau bereits als dramatisch einstuft - Zeitdruck für Handeln ist also gegeben", so Wurzer. 

Für das Pilotprojekt Bad Deutsch-Altenburg wurde auch bereits eine EU-Förderung genehmigt, die aber erst dann schlagend wird, wenn dje Flussbaumaßnahmen tatsächlich angegangen werden - diese Frist läuft ebenfalls mit Ende des Jahres ab. "Es wäre schade, wenn diese Mittel nicht für die Verbesserung der Donau genutzt werden", so Wurzer, der aber auch nicht mit Kritik an der ursprünglichen Vorgangsweise der via donau bei der Durchsetzung des Pilotprojekts spart: "Das öffentliche Beteiligungsverfahren war extrem schwach aufgestellt. Darüberhinaus muss endlich ein unabhängiges wissenschaftliches Begleitforum geschaffen werden." 

Eine Forderung, die auch von den vier NGOs unterstützt wird. "Es kann ja nicht sein, dass der Nationalpark-Verantwortliche und manche beteiligten Wissenschafter auch noch im Lenkungsausschuss der via donau sitzen", polterte etwa Gerhard Heilingbrunner, Präsident des Umweltdachverbands, bei der Präsentation des Naturversuchs Hainburg. Der Jurist will daher weiterhin sämtliche rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um das gestoppte Pilotprojekt auch wirklich zu verhindern. Heilingbrunner betrachtet den Testlauf bei Bad Deutsch-Altenburg als "Hintertürchenaktion", um für das FGP schneller an jene Umweltverträglichkeitsprüfung zu kommen, die noch von den Ländern Wien und Niederösterreich ausständig ist.

Land Niederösterreich in Warteposition

Von Seiten des Landes Niederösterreich zeigt man sich vorerst abwartend. So wurde auf Rückfrage von derStandard.at aus dem Umfeld von Umweltlandesrat Stephan Pernkopf mitgeteilt, dass die via donau in erster Linie einmal den nächsten Schritt setzen und um Fristverlängerung für das Pilotprojekt Bad Deutsch-Altenburg ansuchen müsse - inklusive Adaptierung der geforderten Details.

Die via donau wiederum versichert, dass die nötigen Schritte dazu bereits mit voller Kraft in Angriff genommen worden seien. Einmal mehr betont Geschäftsführer Hans-Peter Hasenbichler, dass man alle Interessens- und Standesvertretungen zum konstruktiven Dialog geladen habe: "Wir wollen alle Beteiligten an einen Tisch bringen - von den Umweltschutzorganisationen bis zu den Wissenschaftern, von Fischerei- bis Schifffahrtsvertretern." Wann und ob der stecken gebliebene Kahn wieder in Fahrt kommt, bleibt abzuwarten. Im Sommer wird hauptsächlich an Konzipierungen gearbeitet werden, denn Umbauarbeiten an der Donau können immer nur im Winter durchgeführt werden, wenn der Wasserspiegel niedrig genug ist. (Martin Obermayr, derStandard.at, 5.5.2011)