Intendant, Regisseur und Neo-Nichtraucher: Stephan Bruckmeier

Foto: Donaufestival

Wien - "Vielleicht würde Frank Castorf hier in kürzester Zeit auch mehr im Kaffeehaus sitzen als auf der Probebühne", mutmaßt Stephan Bruckmeier über den Bewegtheitsgrad der Theatermetropole Wien, seiner liebevollen Ansicht nach das "Salonorchester" unter den Theaterstädten.

Fünf Jahre lang schon hält der Noch-Intendant vom Theater Rampe in Stuttgart Draufsicht auf das hiesige - von ihm einmal kräftig aufgemischte - Theaterleben. Und hat sich dieser Stadt ganz ritterlich bis zu ihren Toren hin wieder angenähert: In Korneuburg und Krems richtete er gemeinsam mit Eva Hosemann heuer zum dritten Mal das am Wochenende erfolgreich zu Ende gegangene Niederösterreichische Donaufestival aus (Budget: zwei Millionen Euro). Ein Jahr folgt noch, dann ist definitiv Schluss.

Da trat ein mongolischer Pferdehalslautenspieler genauso auf wie vor zwei Jahren schon der (von Marie Zimmermann entdeckte) Stockholmer Cirkus Cirkör, heuer mit Romeo und Julia bei den Wiener Festwochen. Vor allem mit dem Spielstättenwechsel vom Kremser Stadtpark in die Voest-Werkshalle hat er gemeinsam mit Hosemann dem Festival eine neue Kontur verliehen. "Ich möchte nicht anders denken, nur weil es angeblich Provinz ist", sagt der 41-jährige Niederösterreicher.


Nicht davonlaufen

Seit wenigen Wochen befindet sich der Name Bruckmeier auf der Liste der für die hiesige Volkstheaterintendanz Genannten. Die derzeitige Direktorin Emmy Werner gibt 2005 ihren Posten auf. "Ob ich mich bewerbe, entscheide ich definitiv im Sommer. Ich werde jetzt aber nicht davonlaufen. Ich habe am Volkstheater Riesenerfolge gefeiert. Es war mein Stammhaus, und ich fühle mich dem Volkstheatergedanken verpflichtet."

Jedenfalls solle dieses Haus, wenn es nach Bruckmeier geht, auf keinen Fall ein Ableger des Burgtheaters werden. Ein Fallbeispiel für diese Ansage lässt sich (erst nach der Nachfolge-Entscheidung diesen Herbst) im kommenden Dezember begutachten. Da inszeniert Bruckmeier für das Volkstheater Raimunds Der Bauer als Millionär.

Trotz einer zu beklagenden Unterfinanzierung der großen Bühne sieht der Neo-Nichtraucher neues Theater gedeihen: "Ich glaube fest, dass Theater mit Geld überhaupt nichts zu tun hat. Ich finde das ewige Ums-Geld-Geschreie einfach deppert. Das Theater muss aufpassen, dass es nicht das Zornesding für jene wird, die gar keinen Job haben."

Die erst kürzlich brüsk verkündete Festwochen-Budgetkürzung hält der versierte Theatermacher dann aber doch für ein "dummes Politikum". "Manchmal kommt mir die Szene vor wie ein Black-Jack-Tisch: Wenn der Schwarz setzt, setz' ich Rot, und bei Schiller nehme ich Goethe." Wenn das nur gutes Theater garantierte! (DER STANDARD, Printausgabe vom 19.5.2003)