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New York, nahe Ground Zero: Amerikaner feiern den Tod Osama Bin Ladens an jenem Ort, wo 2001 3000 Menschen bei einem Terroranschlag umkamen. Im Hintergrund: die Hochhausbaustelle.

Foto: Jason DeCrow/AP/dapd
Grafik: Standard

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Ein Bett in Osama Bin Ladens Residenz auf einem Ausschnitt eines ABC-Videos.

Foto: REUTERS/ABC News/Handout

Die Taliban haben am Montag blutige Rache für den Tod von Osama Bin Laden geschworen. Der pakistanische Arm der radikalislamischen Kämpfer will pakistanische Politiker und Militärs angreifen sowie die USA attackieren. Die Vereinigten Staaten und Großbritannien verschärften am Montag die Sicherheitsvorkehrungen an Flughäfen und im öffentlichen Raum drastisch. In Wien wollte man sich dagegen nicht von der Terrorangst anstecken lassen. Man bleibe aber wachsam, hieß es im Innenministerium.

Bin Ladens Leichnam wurde bereits am Montag im Meer bestattet. Die USA wollen damit vermeiden, dass das Grab des Terroristenführers zu einem Wallfahrtsort für Islamisten wird. Nachdem Präsident Barack Obama die Nachricht am späten Sonntagabend verkündet hatte, brach in den USA Jubel aus. In vielen Städten feierten die Menschen auf den Straßen. In aller Welt gab es erleichterte Reaktionen. Nur der Iran und die palästinensische Hamas äußerten Kritik.

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Das Versteck liegt 250 Meter von der nächsten Polizeistation entfernt. In direkter Nachbarschaft stehen Nobelvillen pensionierter Generäle, ganz in der Nähe befindet sich Pakistans beste Militärakademie. Die Gegend ist grün, die Gegend ist friedlich. Abbottabad nennt sich auch die "Stadt der Pinien".

Osama Bin Laden, der meistgesuchte Mann der Welt, hat seinen Unterschlupf mit Bedacht gewählt. In seiner komfortablen, dreistöckigen Residenz in dem 50 Kilometer Luftlinie von Islamabad entfernten Städtchen, hat der 54-Jährige seine Großfamilie um sich geschart. Gleich um die Ecke gibt es Geschäfte, reichlich Ärzte und sogar zwei Krankenhäuser, die den schwer nierenkranken Al-Kaida-Chef behandeln können.

Montag, kurz nach 1 Uhr Ortszeit. Das Idyll des Terroristen-Führers findet ein jähes Ende. Zwei oder drei Helikopter fliegen im Tiefflug über die Stadt. Ein kleines Team kampferprobter Navy Seals ist auf dem Weg zu dem mit hohen Mauern, Stacheldraht und Überwachungskameras gesicherten Gebäudekomplex. Zur gleichen Zeit twittert der IT-Ingenieur Sohaib Athar in Abbottabad: "Ich hoffe, das ist nicht der Beginn von etwas Schrecklichem".

40 Minuten Feuergefecht

Die Helis gehen nieder, die Soldaten springen heraus. Es gibt Explosionen, Feuer aus automatischen Waffen ist zu hören. Das Feuergefecht dauert etwas mehr als 40 Minuten. Als sich der Pulverdampf verzieht, ist Osama Bin Laden tot. Drei weitere Männer, darunter ein Sohn des Saudis, und eine Frau, die von den Terroristen laut amerikanischen Angaben während des Feuergefechts als Schutzschild missbraucht wurde, sind ebenfalls ums Leben gekommen. Einige weitere Personen wurden verletzt.

Die Amerikaner lassen einen schadhaften Helikopter zurück und machen sich mit dem Leichnam Bin Ladens davon. Später werden die US-Behörden erklären, dass sie Bin Ladens Identität durch Gesichtsrekonstruktionen festgestellt hätten, die Authentizität eines vom pakistanischen Rundfunks veröffentlichten Totenbildes wird angezweifelt. Das Ergebnis einer DNA-Probe wird in wenigen Tagen erwartet. Der Leichnam Bin Ladens wurde noch am Montag nach islamischem Ritus auf See bestattet. Damit will man verhindern, dass sein Grab zum Wallfahrtsort für Extremisten aus aller Welt wird. Islamische Gelehrte kritisierten diese Art der Bestattung am Montag als nicht den muslimischen Traditionen entsprechend.

Bereits im August war das Anwesen in Abbottabad ins Visier der US-Fahnder geraten. Ein enger Vertrauter Bin Ladens hatte die Amerikaner auf seine Spur geführt. Das ist zumindest die Version, die Washington verbreitet.

Der Mann diente als Kurier und Leibwächter Bin Ladens. Als die Amerikaner den Aufenthaltsort des Kuriers auskundschaften, waren sie angeblich "geschockt von dem, was sie sahen", steckten Geheimdienstleute den Medien. Das Gebäude glich einer Festung. Obgleich das Anwesen etwa eine Million Dollar wert und achtmal so groß wie die Nachbargrundstücke gewesen sei, besaßen die Bewohner weder Internet noch Fernsehanschluss. Doch besonders verdächtig fanden die US-Terrorjäger, dass die Bewohner ihren Müll verbrannten, anstatt auf die Straße zu stellen.

Grünes Licht am Freitag

Am 29. April um acht Uhr morgens soll Barack Obama grünes Licht für die Operation gegeben haben. Laut CNN soll es eine "Kill Mission" gewesen sein, an eine Gefangennahme sei nicht gedacht gewesen. Auf der FBI-Website wird Bin Laden, auf den 25 Millionen Dollar Kopfgeld ausgesetzt waren, schon am Montag als "verstorben" geführt. (Christine Möllhoff aus Neu-Delhi, Christoph Prantner, STANDARD-Printausgabe, 3.5.2011)