Petra Velten (53) ist Institutsvorsteherin des Instituts für Strafrechtswissenschaften an der Linzer Johannes-Kepler-Universität

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Der Mafia-Paragraf gehöre dringend abgeschafft, sagt sie zu Markus Rohrhofer.

Standard: Der Tierschützerprozess endete mit Freisprüchen für alle 13 Angeklagten. Sie haben herbe Kritik an der Prozessführung geäußert, ist Ihr Vertrauen in den Rechtsstaat wiederhergestellt?

Velten: Nachdem ich viel Kritik vorgebracht habe, kann ich jetzt endlich einmal "loben": Die Freisprüche haben ein Albtraumverfahren mit einer Art "Befreiungsschlag" beendet und zugleich verdeutlicht, dass es nie zur Anklage hätte kommen dürfen. Aber schon das Verfahren selbst war für die Betroffenen eine Art Strafe, mit Wirkungen, die zum Teil erheblich über das hinausgehen, was eine konventionelle Strafe an Folgen hat. Der Prozess hat außerdem ein Schlaglicht auf die österreichische Justizkultur geworfen und die Gefahren einäugiger Strafverfolgung offenbart.

Standard: Mit Ihrer Kritik dass der Verhandlungsstil "weit weg von einem rechtsstaatlichen Verfahren" sei, sind Sie nur knapp einer Verleumdungsklage entgangen. Halten Sie daran auch heute noch fest?

Velten: Meine Kritik an dem Verhandlungsstil, an der Ungleichbehandlung von Anklage und Verteidigung würde ich aufrechterhalten. Ob meine damalige Vermutung zutrifft, dass er Ausdruck der Voreingenommenheit war, kann ich nicht sagen, möglicherweise, ja sogar wahrscheinlich lag ich da falsch. Aber nach der öffentlichen Kritik am Verfahren wurde zumindest den Verteidigungsanliegen mehr Respekt entgegengebracht.

Standard: Was sollten jetzt die juristische Konsequenzen sein?

Velten: Ich plädiere jetzt dringend für eine komplette Abschaffung des Mafia-Paragrafen. Eine Änderung allein wäre sicher zu wenig. Der Mafia-Paragraf ist ein gefährliches Werkzeug: Eigentlich geschaffen um Menschenhändler zu bekämpfen, ist er geeignet NGOs zu kriminalisieren und wird eingesetzt, um "feindlich" gesinnte Störenfriede zu neutralisieren. (Markus Rohrhofer; DER STANDARD, Printausgabe, 3.5.2011)