Madrid/Tokio - Im nordostspanischen AKW Ascó I kam es am Donnerstag vergangener Woche zu einem schweren Zwischenfall. Wie am Wochenende bekannt wurde, traten 25.000 Liter radioaktives Wasser aus dem Kühlkreislauf aus und bedeckten den Boden des Reaktorgebäudes knöcheltief. 14 Arbeiter mussten dekontaminiert werden. Dabei habe eine Dusche gereicht, denn das Wasser sei nur mit den Schuhen und die Schutzkleidung und "in keinem Falle mit der Haut der Betroffenen in Berührung" gekommen, erklärten die AKW-Betreiber. Ein Ventil habe sich "auf ungewünschte Weise geöffnet" , ist alles, was dazu bekanntgegeben wurde. Die spanische Atomaufsichtsbehörde (CSN) wird den Vorfall untersuchen. Die Blöcke Ascó I und II gehören dem Stromversorger Endesa.

Ascó sorgt nicht zum ersten Mal für Schlagzeilen. Im November 2007 gelangten über das Ventilationssystem radioaktive Partikel in die Umwelt. Betroffen waren das AKW-Gelände, nahegelegene Häuser und der Fluss Ebro. Die Betreiber verheimlichten dies monatelang. Erst als die Informationen verschiedenen Umweltschutzorganisationen zugespielt wurden, gestand Endesa das Leck ein. Inzwischen hatten hunderte Kinder und Jugendliche das AKW mit ihren Schulklassen besucht. Gegen die Verantwortlichen läuft derzeit ein Gerichtsverfahren.

Rücktritt in Japan

In Japan kommt indes Ministerpräsident Naoto Kan in Bedrängnis: Ausgerechnet Toshiso Kosako, einer der Strahlenschutzberater der Regierung, hat am Freitag seinen Rücktritt erklärt. Sein Vorwurf: Japans Regierung ignoriere in der Atomkatastrophe den Strahlenschutz für Kinder.

Die Regierung habe "Gesetze herabgewürdigt" und kurzsichtig gehandelt, schimpfte Kosako, Professor für Strahlenschutz am Graduiertenkolleg der Tokio-Universität. Würde er die von der Regierung verabschiedete maximale Strahlendosis für Kinder mittragen, "wäre ich nicht länger Wissenschafter" , sagte Kosako. "Ich würde meine Kinder nicht einer derartigen Menge an Strahlung aussetzen wollen." Dabei rannten Kosako Tränen über die Wangen.

Die Regierung versuchte sich daher prompt in Schadensbegrenzung. "Wir sind überzeugt, dass wir die Gesetze strikt eingehalten haben. Es gibt anscheinend ein Missverständnis" , sagte Kabinettamtschef Yukio Edano.

Laut einer Umfrage der Nachrichtenagentur Kyodo werfen bereits drei Viertel der japanischen Bevölkerung Kan mangelndes Krisenmanagement vor. (rw, mako, DER STANDARD Printausgabe, 2.5.2011)