Südwestlich von Kapstadt vollzieht der Agulhasstrom eine Kehrtwende zurück in den Indischen Ozean und schnürt dabei die Agulhasringe ab, die warmes Wasser in den Atlantik transportieren.

Illustration: IFM-GEOMAR
Illustration: IFM-GEOMAR

Kiel - Einen Teil der Wärme importiert der Atlantik aus dem Indischen Ozean - und das in letzter Zeit sogar verstärkt, wie ein internationales Wissenschafterteam in der aktuellen Ausgabe von "Nature" berichtet. Unter Beteiligung des Kieler Leibniz-Instituts für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR), das die erforderlichen Computermodelle erstellte, fassten die Forscher den Kenntnisstand über die Bedeutung des Agulhasstroms für das Klima auch auf der Nordhalbkugel zusammen.

Der Agulhasstrom, eine der stärksten Meeresströmungen, fließt im Indischen Ozean entlang der südafrikanischen Küste. Südwestlich von Kapstadt vollzieht er eine abrupte Kehrtwende zurück in den Indischen Ozean. Dabei schnüren sich alle drei bis vier Monate mächtige Wirbel von mehreren 100 Kilometern Durchmesser vom Hauptstrom ab, "Agulhasringe" genannt. Diese bringen warmes und salzreiches Wasser aus dem Indischen Ozean in den Atlantik - ein Teil des Wassers gelangt sogar bis in den Nordatlantik und kann über den Golfstrom auch Auswirkungen auf das europäische Klima haben.

Breiterer Zuflusskorridor

"Es klingt ein wenig abenteuerlich, dass Strömungen um Südafrika einen Einfluss auf unsere Breiten haben", räumt der Mitautor der Studie, Arne Biastoch vom IFM-GEOMAR, ein. Dennoch sei seit langem bekannt, dass dem Agulhasstrom eine wichtige Rolle für den Nachschub salzreichen Wassers in den Atlantik zukommt. Neben Simulationen mit Ozeanmodellen benutzten die Forscher aktuelle sowie paläoozeanographische Messdaten, um dieses Phänomen und seine Einflüsse auf den Atlantik möglichst genau zu beschreiben.

Dabei standen vor allem durch den Klimawandel bedingte Änderungen im Fokus, die zu einem erhöhten Zustrom von Wasser aus dem Agulhasstrom in den Atlantik führen könnten. Denn normalerweise begrenzen die westlichen Winde im südlichen Ozean den Wasseraustausch zwischen dem Indischen Ozean und dem Atlantik. Die zunehmende Erwärmung führt jedoch auch zu einer Verlagerung des Westwindbandes nach Süden, wodurch sich der Korridor für einströmendes Wassers südlich von Afrika verbreitert. Modellsimulationen deuten auf eine Verstärkung dieses Trends hin.

Fernwärme aus dem Süden

Das so zusätzlich in den Atlantik eingebrachte Wasser wird entlang der brasilianischen Küste nordwärts transportiert, bis es schließlich im Bereich der Karibik seinen Weg in das Golfstromsystem findet. Dort eingespeist könnte das warme und sehr salzreiche Wasser aus dem Indischen Ozean dem durch verstärkte Niederschläge und Eisschmelze bedingten Aussüßungstrend im Nordatlantik entgegenwirken. Eine solche Aussüßung wird in Zusammenhang mit einer möglichen Abschwächung des Golfstroms in Verbindung gebracht.

Wie stark oder wie lange der Nachschub aus dem Indischen Ozean einem solchen Trend im Golfstrom entgegenwirken könnte, ist nicht geklärt - doch hat sich einmal mehr gezeigt, dass sich die Wechselwirkungen im globalen Klimasystem als immer noch komplexer herausstellen, als man ohnehin schon gedacht hatte. Auch bezogen auf die langfristige Entwicklung des Weltklimas: "Wir vermuten, dass die Zufuhr aus dem Süden eine entscheidende Rolle in den Übergängen zwischen Eis- und Warmzeiten gespielt hat", so Biastoch. (red)