Hier ausnahmsweise einmal in voller Größe sichtbar: Christoph Waltz, Robert Pattinson und Reese Witherspoon plus Elefant im Zirkus-Eifersuchtsdrama "Wasser für die Elefanten".

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Wien - Im Gegenlicht eines großen Scheinwerfers, als Silhouette vor gleißendem Hintergrund, mit dem Rücken zur Kamera begrüßt der Mann überschwänglich sein Publikum. Wer seinen ersten Auftritt im Film so lässig gesichtslos anlegt, der muss nach klassischem Hollywood-Reglement ein Star sein. Im vorliegenden Fall handelt es sich dabei um Christoph Waltz, der sich seit seinem triumphalen US-Debüt in Inglorious Basterds als solcher fühlen kann. Nicht zuletzt seine geschmeidige Intonation war für seinen Erfolg ausschlaggebend: Die Stimme als Charakteristikum und Attraktion wird hier ebenfalls gleich betont.

Attraktionen gewinnbringend zu verkaufen, das ist auch das Geschäft des Mannes, den Waltz diesmal verkörpert: August Rosenbluth ist Zirkusdirektor in den USA der Depressionszeit. Ein schillernder, weltgewandter Impresario, der sich abseits der Manege unvermittelt zum sadistischen Tier- und Menschenschinder wandeln kann. In seinen Tross verschlägt es den Veterinärmedizinstudenten Jacob Jankowski (Robert Pattinson) nach einem traumatischen Ereignis. Jacob erwirbt das Vertrauen des Direktors und ist bald für eine weitere Neuerwerbung verantwortlich: die Elefantendame Rosie, mit der Augusts Frau, die Kunstreiterin Marlena (Reese Witherspoon), auftreten soll. Jacob opponiert in der Folge gegen Augusts brutale Dressurmethoden. Und er verliebt sich in Marlena - beides birgt Konfliktpotenzial.

Close-up-Terror

Wasser für die Elefanten / Water for Elephants heißt das Eifersuchtsdrama, das auf einem gleichnamigen Bestseller basiert. Mit der Verfilmung hat man Francis Lawrence betraut, der sich als Musikvideo- und Werbespot-Regisseur einen Namen gemacht hatte, bevor er mit dem Fantasyfilm Constantine 2005 seinen ersten Kinofilm inszenierte. Das visuelle Konzept für Wasser für die Elefanten scheint nun ganz auf die drei Stars zugeschnitten: Auf die Etablierung einer Szene folgen hauptsächlich Groß- und Nahaufnahmen, "talking heads" dominieren den Film.

Damit nimmt sich Wasser für die Elefanten einerseits jene Schauwerte, die das historische, nur bedingt jugendfreie Zirkusambiente quasi frei Haus mit sich bringt. Nur in Anflügen wird greifbar, wovon August spricht, wenn er den Zirkus als autonomen Staat beschreibt - etwa in jener Sequenz, in der Jacob nach dem Aufwachen feststellt, dass er in einem Zirkuszug gelandet ist, und diesem Zug eine gute Hundertschaft an internationalem Personal entsteigt, um eine temporäre Niederlassung zu errichten.

Fünf Minuten der TV-Serie Boardwalk Empire vermitteln mehr von der Anziehungskraft - und der Materialität - der halbweltlichen Populärkultur der Varietébühnen, Vergnügungspromenaden und Jahrmarktsbuden als das ganze 122-minütige Zirkusliebesdrama.

Zum anderen spielen die dauernden Close-ups allenfalls noch Christoph Waltz zu, der sein Mienenspiel ebenso effektiv einzusetzen vermag wie die Modulation seiner Stimme. Der hauptsächlich beim jugendlichen Publikum aus der Twilight-Saga bekannte Pattinson tut sich da schon schwerer - wie Witherspoon bleibt er letztlich hübscher Aufputz.

Waltz gelingt es am besten, seine Figur und deren gefährliche Ambivalenz zu profilieren (dieser August ist Waltz' Paraderolle Hans Landa außerdem nicht ganz unähnlich). Die leidenschaftliche Sofortliebe der beiden anderen Protagonisten bleibt reine Behauptung. Aber immerhin hat man schon lange keinen so fotogenen und gut dressierten Elefanten mehr gesehen. (Isabella Reicher / DER STANDARD, Printausgabe, 28.4.2011)