Wien - Die Finanzkrise hat Raiffeisen vorerst einmal einen Strich durch die Rechnung gemacht, mit zwei großen Agrarindustrietöchtern - Leipnik-Lundenburger (LLI) und NÖM - wie ursprünglich geplant 2010/2011 an die Börse zurück zu kehren. Raiffeisen Holding-Chef Erwin Hameseder will dazu jetzt weitere zwei, drei Jahre abwarten.

Als neuen Börsekandidaten, wenn auch erst in fünf, sechs Jahren, kann sich Hameseder aktuell den konzerneigenen Alternativenergie-Betreiber Renergie (Biogas, Photovoltaik, Windparks, Kleinwasserkraft) vorstellen, wie er am Mittwoch bei der Bilanzpressekonferenz der Beteiligungsholding in Wien erklärte.

Die Folgen der Atomkatastrophe in Japan und der Unruhen in Nordafrika auf die Energiepolitik in Europa seien nicht zu unterschätzen. Weitere größere Investitionen in erneuerbare Energien in Österreich macht Hameseder zunächst allerdings von längerfristig geltenden Verordnungen für die Einspeistarife abhängig. Wegen mindestens zweijähriger Vorlaufzeiten bei neuen Projekten wäre statt der bisherigen einjährigen Befristung unter anderem eine dreijährige Tarif-Verordnungsdauer nötig, findet Raiffeisen.

Von einer Reform der Ökostromgesetzgebung macht Hameseder deshalb abhängig, ob seine Gruppe 2011 und 2012 jeweils 50 Mio. Euro in neue inländische Ökostromprojekte investiert. Klappt es nicht nach den Wünschen der Alternativenergiebranche, dann werde das Geld eben wieder im Ausland investiert. Ein Thema für Raiffeisen werden in nächster Zeit auch Beteiligungen an Offshore-Windparks in der Nordsee.

In Tschechien hofft Raiffeisen, dass dort eine neue 26-prozentige Photovoltaik-Sondersteuer per Verfassungsklage wieder zu Fall gebracht wird, die derzeit alle Investoren in dieser Branche abschrecke. Raiffeisen hat in Zentral/Osteuropa zahlreiche weitere Energieprojekte im Laufen.

"Markt noch nicht wirklich sehr gut reif"

Für Börsegänge ist Hameseder derzeit "das Fenster" in Wien nicht weit genug offen. Angesprochen auf Flops bei Börseemissionen der letzten Wochen meint auch er, dass "der Markt noch nicht wirklich sehr gut reif ist für erfolgreiche Börsegänge". Er glaube, dass die Anleger nach der Krise noch sehr vorsichtig sind und dass Börse-Aspiranten ganz generell zwei, drei Jahre nachhaltig gute Ergebnisse zeigen müssten - "dann kommt das automatisch wieder." 2012 oder 2013 werde das Umfeld für IPOs sicher wieder deutlich besser aussehen.

Vom Nettogewinn der Raiffeisen Holding 2010 stammte etwa die Hälfte aus der Banksparte - der Gruppe der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien.

2010 hat die Holding ihren Konzerngewinn um 75 Prozent auf 367 Mio. Euro gesteigert und damit ihre eigenen Plandaten übertroffen. Der Nettogewinn (Konzernjahresüberschuss nach Steuern und Fremdanteilen) wurde von 117,7 auf 284 Mio. Euro mehr als verdoppelt.

Die mehr als 720 Beteiligungsunternehmen setzten rund 20,3 Mrd. Euro um. Zum Beteiligungs-Bauchladen zählen Schwergewichte wie die Beteiligung am Bauriesen Strabag, weiters der Molkereikonzern NÖM, Leipnik-Lundenburger, Agrana, Medienbeteiligungen (z.b. Kurier), Do & Co sowie Energie- und Immobiliensparten. Die Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien beschäftigt 162.000 Mitarbeiter. (APA)