Wer schon immer 15 Stunden oder mehr mit seinen gewählten politischen Vertretern verbringen wollte, hat ab Mai via TV die Gelegenheit dazu. Wie Nationalratspräsidentin Barbara Prammer bei einem Pressegespräch Mittwochvormittag sagte, wird TW1 demnächst die Sitzungen von National- und Bundesrat zur Gänze übertragen - zunächst probeweise und kommentiert.

Die Parlamentschefin begrüßt diesen Beschluss ausdrücklich und hofft, dass mit der Etablierung des Spartenkanals ORF 3 wie beim deutschen Sender Phoenix künftig sämtliche Plenarsitzungen komplett zu sehen sein werden. Freilich konzediert sie, dass diese Live-Übertragungen auch für die Abgeordneten eine Herausforderung sein werden: "Ein bisschen schummrig ist manchen schon."

Denn es werde etwa noch besser zu erklären sein, wieso oftmals der Plenarsaal nur schütter besetzt ist. Prammer selbst nennt als Gründe politische Verhandlungen neben den Sitzungen oder etwa die Betreuung von Besuchergruppen.

Angesprochen darauf, dass eine Fraktion in den Abendstunden regelmäßig mit deutlich weniger als zehn Mandataren im Plenarsaal vertreten ist, meinte die Präsidentin, alles werde auch sie nicht rechtfertigen. Schon jetzt leite sie manche Beschwerden an alle 183 Abgeordneten weiter.

Bessere Disziplin erhofft

Prammer erhofft sich von den Live-Übertragungen insgesamt ohnehin eine bessere Disziplin im Plenarsaal. Statt ständiger Angriffe, dich auch vom Publikum nicht gut angenommen würden, sollte es einen harten, aber fairen Austausch geben.

Dass Interesse an den Debatten besteht, steht für Prammer außer Zweifel, auch wenn sie keine unrealistischen Quoten-Erwartungen hat: "Zu glauben, dass 500.000 Leute zuschauen, wäre lächerlich." Allerdings sei es eben das gute an einem Spartensender, dass es hier nicht den selben Quotendruck gebe wie bei anderen Programmen.

Wie wichtig für die Abgeordneten TV-Zeiten sind, zeigt sich alleine schon in der bevorstehenen Plenarwoche. Da wurde am Donnerstag sogar die geplante Fragestunde an Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (S) von der Tagesordnung gekippt, damit neben den neuen Regierungsmitgliedern auch möglichst viele Mandatare während der Live-Übertragung auf ORF 1 zu Wort kommen. Am Freitag werden andere Prioritäten gesetzt. Statt Fremdenrechtspaket und Finanzrahmen flimmern William und Kate auf dem Bildschirm.

Potenzial für weitere Live-Events im Fernsehen sieht Prammer aber bereits. So kann sie sich etwa die Übertragung von Enqueten oder von Sitzungen des EU-Hauptausschusses vorstellen. Sicher zu sehen sein wird die Gedenkveranstaltung gegen Gewalt und Rassismus im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus am 5. Mai, bei der die Hauptrede heuer von der Autorin und Holocaust-Überlebenden Ruth Klüger gehalten wird. Eine Änderung gibt es im musikalischen Programm. Die Mauthausen-Kantate wird nach Einwänden gegen Komponist Mikis Theodorakis wegen antisemitischer Aussagen nun doch nicht aufgeführt, stattdessen wird unter anderem das "Dachaulied" von Jura Soyfer (Text) und Herbert Zipper (Musik) zur Aufführung gebracht. (APA)