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Mario Draghi

Foto: Reuters/Stefan Wermuth

Paris/Brüssel/Rom - Der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy hat sich am Dienstag für den italienischen Notenbankchef Mario Draghi als Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) ausgesprochen. "Ich kenne Draghi gut. Wir unterstützen ihn nicht, weil er Italiener ist, sondern weil er ein guter Mann ist", sagte Sarkozy bei einem Treffen mit dem italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi in Rom.

Damit hat Italiens Notenbankchef beste Chancen auf den EZB-Chefsessel. Zwar ist Sarkozy der erste Spitzenpolitiker, der dem 63-jährigen Draghi öffentlich seine Unterstützung zusagt. Als zweitgrößtes Land der Euro-Zone ist Frankreich aber einer der wichtigsten Entscheidungsträger bei der Regelung der Nachfolge von EZB-Präsident Jean-Claude Trichet. Der 68-Jährige scheidet Ende Oktober aus dem Amt aus.

Als schärfster Konkurrent Draghis galt lange Bundesbankpräsident Axel Weber. Dieser kündigte im Februar aber seinen Rückzug aus der Notenbank an und will an die Universität zurückkehren.

Qualifizierung unstrittig

Die deutsche Bundesregierung hatte nach Webers Rückzug mitgeteilt, die Nationalität des künftigen EZB-Präsidenten sei für ihre Zustimmung nicht entscheidend. Auch ließ Berlin keine Präferenz für weitere mögliche Kandidaten wie den luxemburgischen Zentralbankchef Yves Mersch oder seinen finnischen Kollegen Erkki Liikanen erkennen.

Mitarbeiter des deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble (CDU) bezeichneten die Qualifizierung des Italieners als unstreitig. Regierungssprecher Steffen Seibert wies darauf hin, dass über Trichets Nachfolge erst auf dem EU-Gipfel am 24. Juni entschieden werde. "Zu möglichen Kandidaten wird sich die Bundesregierung rechtzeitig äußern", sagte Seibert.

In seinen Reden und Interviews hat Draghi klare Aussagen zur Zinspolitik bisher vermieden, er spricht lieber über Wirtschaftspolitik oder die Stabilität des Bankensystems. Deutschen Sorgen vor einer allzu lockeren Geldpolitik tritt er so nicht entgegen - schürt sie aber auch nicht. Der ehemalige Harvard-Professor hat auch Erfahrungen in der Regierung, bei der Finanzaufsicht, der Weltbank und in der Privatwirtschaft gesammelt und kennt damit alle Seiten der geldpolitischen Medaille. (Reuters, dpa, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.4.2011)