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Grafik: APA

Seit Wochen war spekuliert worden, seit Dienstag steht es fest:Griechenland steckt weit tiefer in den roten Zahlen als bisher erwartet. Das Haushaltsdefizit des Mittelmeerstaates lag 2010 bei 10,5 Prozent der Wirtschaftsleistung, wie die europäische Statistikbehörde Eurostat am Dienstag mitteilte. Damit verfehlte Griechenland sein mit der EU und dem Internationalen Währungsfonds vereinbartes Sparziel von 8,1 Prozent deutlich. Grund für die Revision ist der Wirtschaftseinbruch in Hellas. Die Regierung in Athen kündigte nach der Präsentation der Eurostat-Zahlen umgehend an, seinen Sparplan weiter zu verschärfen.

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Luxemburg/Brüssel/Athen - Was schon seit Wochen befürchtet wurde, ist seit Dienstag amtlich: Griechenland hat sein für 2011 angepeiltes Sparziel klar verfehlt. Mit seinen Geldgebern, dem internationalen Währungsfonds (IWF)und der EU, hatte Athen im Gegenzug für einen 110 Milliarden Euro Notkredit vereinbart, die öffentliche Neuverschuldung 2010 auf 8,1 Prozent der Wirtschaftsleistung zu drücken.

Das Haushaltsdefizit lag 2010 aber bei 10,5 Prozent der Wirtschaftsleistung, wie die europäische Statistikbehörde Eurostat am Dienstag mitteilte. Zuletzt hatten die EU und der IWF mit einem Fehlbetrag von 9,6 Prozent gerechnet. Grund für die erneute Korrektur ist die schwache Konjunktur des südosteuropäischenLandes. Massive Ausgabenkürzungen des Staates ließen die Wirtschaft schrumpfen, die Steuereinnahmen blieben daher weit unter den Prognosen zurück. Als Folge des Eurostat-Berichtes zogen die Kreditzinsen für griechische Anleihen neuerlich an.

Das griechische Finanzministerium erklärte nach Bekanntgabe der Zahlen, Griechenland bleibe auf Kurs bei seinem Reformprogramm. Seitens der EU werden positive Signale nach Athen gesandt. So lobte ein Sprecher der Währungskommissars Olli Rehn die griechischen Anstrengungen. Immerhin lag das Defizit 2009 noch bei über 15 Prozent.

Im Schuldenranking der EUist Griechenland mit 142,8 Prozent des BIP unangefochtener Spitzenreiter. Den großen Gesamtschuldenberg sieht Valentin Hofstätter, Analyst bei der Raiffeisen Bank International, als größtes Problem Griechenlands an. Athen müsse rasch neue Konsolidierungspläne auf den Tisch legen, um die laufende Spekulationen über eine Umschuldung zu beenden, meint Hofstätter im Standard-Gespräch.

Nur drei Musterschüler

Auch Irland wies 2010 ein schwindelerregend hohes Defizit auf. Mit 32,4 Prozent der Wirtschaftsleistung verzeichnet die Insel das größte Budgetloch der EU. Die Kosten für die Bankenrettungen schraubten den Fehlbetrag in die Höhe. Sie sind für 20,7 Prozentpunkte des Defizits verantwortlich und zwangen das Land 2010 unter den EU-Rettungsschirm.Portugal suchte als dritter Staat um Finanzhilfe der Eurozone an. Auch hier ist das Defizit größer als erwartet. 2010 verbuchen die Portugiesen einMinus von 9,1 Prozent, Lissabon peilte ursprünglich 8,6 Prozent an. Derzeit verhandelt die portugiesische Regierung mit EUund IWFum einen 80 Milliarden Kredit.

Nicht nur die Länder unter dem Rettungsschirm tun sich schwer mit dem Schuldenabbau. Zwar sank das Defizit im Euroraum von 6,3 Prozent 2009 auf sechs Prozent 2010, doch der Gesamtschuldenstand stieg von 79,3 Prozent auf 85,1 Prozent an. Nur drei Euro-Länder erfüllten 2010 die Maastricht-Kriterien: Finnland, Luxemburg und Estland. Das baltische Land trat 2011 der Eurozone bei und konnte sogar einen leichten Budgetüberschuss erwirtschaften.

In Österreich kletterte der Schuldenstand im Jahr 2010 auf 72,3 Prozent des BIP nach 69,6 Prozent 2009. Die Neuverschuldung markierte mit 4,6 Prozent einen 15-Jahres-Höchststand. Hauptgrund dafür ist die volle Berücksichtigung der Infrastrukturausgaben bei der ÖBB in der Staatsschuldenstatistik. (mal, Reuters, APA, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.4.2011)