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Digitale Apps machen das Reisen leichter - auch für Menschen mit Behinderungen.

Illustration: Fatih Aydogdu, Fotos: APA /Franz Neumayr

"Eine Stadt wie eine Torte - mit Nostalgie glasiert, mit Moderne gefüllt." Das spuckt der kostenlose Reiseführer "tripwolf" am iPhone als Kurzbeschreibung zu Wien aus. Wer es etwas genauer wissen will, muss die redaktionellen Inhalte von beredteren Reiseverlagen laden und auch bezahlen. Allerdings blendet die bis dato über 190.000-mal installierte mobile Anwendung von Wiener Entwicklern schon in ihrer Basisversion hilfreiche Informationen zu mehr als 500.000 Zielen ein - über einem Echtzeitbild der Kamera.

Zielführend war diese prototypische Umsetzung eines Augmented-Reality-Dienstes vor rund einem Jahr freilich schon für so manchen Geek auf Reisen. Erwähnenswert ist vielmehr, warum unter diesem Kameralotsen das Logo von "Salzburg Research" steht: "Der Marktstart des iPhones fiel exakt mit unserem Projektbeginn zusammen. Fertige Konzepte für IT-Lösungen in der Tourismusbranche mussten dadurch völlig neu überdacht werden", erzählt Markus Lassnig. Der Leiter von "e-Motion" bei Salzburg Research spricht dabei von einem sogenannten dreijährigen Comet-Projekt, das nun vor wenigen Tagen auslief. Gefördert wird damit der Aufbau von Kompetenzzentren, die ein gemeinsam von der Wirtschaft und Wissenschaft definiertes Forschungsziel verfolgen. Finanziert wird das vom Infrastruktur- und vom Wirtschaftsministerium, weil insbesondere KMUs oder Start-ups wie "tripwolf" sich nur schwer eigene Forschungsabteilungen leisten könnten.

So gelang es den virtuellen Reiseführern zwar, ihr Programm weitgehend ohne fremde Hilfe zu entwickeln, allerdings ergaben sich bereits im Vorfeld über Erfolg und Misserfolg entscheidende Fragen - etwa: Wer braucht überhaupt mobile Reisehelfer und wie können sie möglichst benutzerfreundlich umgesetzt werden? Genau an diesem Punkt kam Lassnigs IKT-Kompetenzzentrum für die Tourismus-, Sport- und Freizeitindustrie ins Spiel: Marktstudien und Technologieanalysen wurden im Haus gemacht, für komplexere Lösungen etwa in der Geoinformatik konnten Experten von fünf - teils universitären - Forschungseinrichtungen herangezogen werden.

"Der Idealfall für das Kompetenzzentrum ist es, wenn ein Unternehmen mit einer groben Fragestellung an uns herantritt, die wir dann in diesem Netzwerk konkret beantworten", meint Lassnig. Allerdings müsste auch das Zentrum den Firmen oftmals unbequeme Aspekte im Vorfeld mitteilen, die vielleicht sogar eine Geschäftsidee infrage stellen. Das notwendige Innovationsmanagement hat sich neben der eigentlichen Gestaltung von mobilen Anwendungen als einer der Schwerpunkte von "e-Motion" herauskristallisiert.

Trotz der üblichen Kostenteilung bei Projekten im Zentrum - die Hälfte bezahlt der Wirtschaftspartner, 30 Prozent der Bund, 15 Prozent das Land und fünf Prozent das Zentrum selbst - ist Lassnig nicht gerade glücklich über die Entwicklung der Förderlandschaft: "Mit dem Auslaufen des Comet-Projekts wird die Umsetzung kommender Projekte schwieriger. Zum Glück sind viele Mitarbeiter des Kompetenzzentrums bereits in anderen Projekten engagiert, und über Einzelförderschienen wird es schon irgendwie weitergehen." Lassnig beklagt die Kürzungen nicht zuletzt deshalb, weil ihn die Bedeutung des dritten Schwerpunkts von "e-Motion" selbst ein wenig überrascht hat: Das Institut "Integriert Studieren" an der Uni Linz brachte verstärkt das Kriterium der Barrierefreiheit in zeitgemäße Entwicklungsarbeit von E-Tourismus-Lösungen ein.

Barrierefrei reisen

Franz Pühretmair, der dort arbeitet und das "Kompetenznetzwerk Informationstechnologie zur Förderung der Integration von Menschen mit Behinderungen" leitet, präzisiert: "Barrierefreiheit ist ein sehr breites Zukunftsthema, das hat uns das Interesse von Atomic gezeigt." Der Sportgerätehersteller wandte sich ebenfalls an "e-Motion", weil es auch in diesem Bereich generell bessere Lösungen braucht - ältere Menschen mit Mobiltätseinschränkungen sind ohne Zweifel ein "Markt", der jenen für Menschen im Rollstuhl bei weitem übertrifft und noch stark wachsen wird.

Zu den Kernkompetenzen Pühretmairs zählte jedenfalls auch die Umsetzung der Homepage von "Salzburgerland Tourismus", die einerseits barrierefreie Hotelangebote listet, diese aber auch nach denselben Kriterien verfügbar macht. Touristische Webseiten, die von Menschen mit Sehbehinderung abgerufen werden können, seien dennoch eine Seltenheit. Noch unüblicher wären aber angepasste mobile Apps, obwohl diese am iPhone auch bereits für Blinde realisiert werden könnten. Pühretmair sieht überdies eine gewisse "digitale Behinderung". Die tritt dann ein, wenn virtuelle Lösungen den zwischenmenschlichen Kontakt gänzlich ablösen. (Sascha Aumüller/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.4. 2011)