Sicherte sich mit Gutachten ab: Claudia Schmied.

Foto: Heribert Corn

Wien - Seit ein paar Jahren, konkret seit dem Jänner 2007, geistert ein Phantom namens "Effizienzanalyse der Bundestheater" herum. Damals strebte die große Koalition "eine Evaluierung der Bundestheaterorganisation" an, aber es blieb mehr oder weniger beim Streben. Im November 2008 nahm sich die Regierung erneut vor, die Staatstheater, deren Forderungen nach frischem Geld Jahr für Jahr wiederholt worden waren, endlich durchleuchten zu lassen. Und diesmal machte Kulturministerin Claudia Schmied (SPÖ) ernst.

Ergebnisse wurden aber keine kommuniziert. Lediglich im März 2010 ließ Schmied verlautbaren, dass die begonnene Evaluierung des Konzerns mit der wirtschaftlichen Analyse des Burgtheaters, der Staatsoper und der Volksoper fortgesetzt werde: Bis zur Jahresmitte sollten die Strukturen analysiert und "die notwendigen Maßnahmen" entwickelt sein.

Doch der Sommer 2010 verstrich. Endlich, Mitte März 2011, hieß es, dass die Evaluierung der Bundestheater vorerst abgeschlossen sei: Zu Staatsoper, Volksoper und Burgtheater lägen drei jeweils mehr als 100-seitige Berichte vor, zusammen mit den Berichten über die Holding und die Servicegesellschaft hätte Ernst & Young über 600 Seiten abgeliefert.

Ob sich das lange Warten auf Erkenntnisse gelohnt hat? Diese Frage lässt sich leider nicht beantworten: Die Kulturministerin weigert sich, die mit Steuergeld finanzierten Berichte zu veröffentlichen. Die Koalitionsparteien hätten sich, so die APA, darauf geeinigt, "ihre Schlüsse abseits der Öffentlichkeit zu ziehen". Und Georg Springer, seit Anfang der 90er-Jahre Chef der Bundestheater, sagte, er halte diese Vorgangsweise "für ganz natürlich": Die Materie sei "derartig komplex", dass es bei einer Veröffentlichung zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit Sicherheit zu Fehlschlüssen kommen würde.

Aber auch an eine spätere Veröffentlichung sei nicht gedacht: "Da spielen rechtliche Aspekte eine Rolle", erklärte Schmied gegenüber der APA. Schließlich gehe es "immer wieder um Geschäftsdetails, deren Veröffentlichung den Häusern Wettbewerbsnachteile bringen könnten".

Welche Wettbewerbsnachteile? Die Bundestheater agieren außer Konkurrenz: Keine andere Bühne verfügt über mehr Budget, keine andere kann höhere Gagen zahlen. Und selbst wenn man, wie einst Ioan Holender, Obergrenzen einzieht, bedeutet dies keinen Wettbewerbsnachteil: Kaum ein Sänger kann es sich erlauben, nicht an der Staatsoper aufzutreten.

Gerüchteweise sorgt sich die Sozialdemokratin, dass die Höhe der Gagen (zu Holenders Zeiten für die erste Garde, abgesehen von ein paar Superstars, 15.000 Euro) Neidgefühle hervorrufen könnte - vor allem, wenn Boulevardblätter die Summen in Beziehung zu den Minuten auf der Bühne setzen würden. Doch auch diese Sorge scheint nicht der Grund zu sein, warum man die Berichte unter Verschluss hält: Personenbezogene Daten können ja recht leicht eingeschwärzt werden.

Die Weigerung der Ministerin lässt daher befürchten, dass die Bundestheater doch nicht alle Fitnesstests bestanden haben, wie Georg Springer die Journalisten Glauben machen wollte. Anders ist auch nicht zu erklären, warum Schmied vorsorglich ein Rechtsgutachten bei der Kanzlei Herbst Vavrovsky Kinsky einholte. Dieses kommt zu dem Schluss, dass die Ministerin nicht zur Offenlegung verpflichtet ist.

Opposition ist gefordert

Unbestritten sei aber, so die dem Standard vorliegende Rechtsauskunft, dass die Ministerin im Rahmen des parlamentarischen Fragerechts konkrete Auskünfte zu punktuellen Fragen zu geben habe. Die Opposition könnte also zum Beispiel nachfragen, wie es mit den Stehzeiten aussehe, wie viele Ensemblemitglieder bloß spazieren gehen dürfen und in welchen Bereichen Sparpotenziale vorhanden sind.

Und sie könnte auch nachfragen, warum es keine "aussagekräftige Executive Summary" gibt. Denn die Kanzlei Herbst Vavrovsky Kinsky hält im letzten Absatz ihres Schreibens fest, dass es freilich "empfehlenswert" wäre, wenn die mit den Evaluationsberichten befasste Wirtschaftstreuhandgesellschaft eine solche verfasste: Sie könnte dann "interessierten Kreisen zugänglich gemacht" werden. (Thomas Trenkler, DER STANDARD/Printausgabe 26.4.2011)