Bild nicht mehr verfügbar.

Fed-Chef Ben Bernanke wird erstmals öffentlich die Ergebnisse der geldpolitischen Sitzung diskutieren.

Foto: AP

Washington - Die US-Notenbank ist noch im Krisenmodus. Die Bilanzsumme der Federal Reserve (Fed) ist vergangene Woche auf mehr als 2,7 Billionen Dollar gestiegen, ein Rekordwert. Damit ist die Fed expansiver als in den härtesten Krisenmonaten Ende 2008. Und trotz eines anhaltenden Aufschwungs wird die US-Notenbank ihren Kurs noch halten, schätzen Ökonomen. Bis Juni kauft die Fed am Anleihenmarkt Staatspapiere, um die langfristigen Zinsen niedrig zu halten (siehe Wissen). Erst 2012 dürfte die Fed die Niedrigstzinsen von derzeit 0,25 Prozent erhöhen, erwarten Marktexperten.

Am Mittwoch wird Fed-Chef Ben Bernanke bei der nächsten Zinssitzung der Notenbank daher noch nicht an der Zinsschraube drehen. Dennoch sind die Märkte angespannt, denn es gibt eine Premiere in der US-Geldpolitik: Zum ersten Mal in der 97-jährigen Geschichte der Notenbank wird das Ergebnis der geldpolitischen Sitzung vom Fed-Chef öffentlich diskutiert und eine Pressekonferenz abgehalten (pro Jahr wird es vier Konferenzen geben). Die Fed möchte damit ihre Aussagen klarer machen, teilte sie mit. Noch vor 1990 hat die wohl wichtigste Notenbank nicht einmal bekanntgegeben, welche Zinsentscheidungen von ihr getroffen wurden.

Der Zeitpunkt dieser Transparenz-Premiere kommt nicht von ungefähr: Einerseits ist die Fed unter politischem Druck, andererseits haben die Chefs der zwölf regionalen Notenbanken in den vergangenen Monaten unterschiedliche Signale für die weiteren geldpolitischen Schritte gegeben. Frederic Mishkin, angesehener Geldpolitik-Experte und früheres Mitglied des Gouverneursrates der Fed, bezeichnete das Meinungsgewirr, das aus der Notenbank kam, gar als Kakaphonie. Denn innerhalb der Fed sind einige Gouverneure gegen den Krisenmodus.

Auch außerhalb der Fed gibt es Kritik am Kurs. Chris Dodd, demokratischer Abgeordneter im US-Senat und federführend an der neuen Finanzarchitektur der USA beteiligt, bezeichnete die Fed und ihre Struktur als "fürchterlichen Fehler". Doch es sind gerade Republikaner, die sowohl die Mehrheit in Senat und Kongress stellen, die an der Fed rütteln. Bernanke hat bereits bei seiner zweiten Wiederwahl mit 30 Gegenstimmen im 100-köpfigen Senat ein historisch schlechtes Ergebnis eingefahren. Newt Gingrich, ehemaliger Sprecher des Repräsentantenhauses und potenzieller Präsidentschaftskandidat bei der nächsten Wahl, sagte CNBC, Bernanke habe einen schlechten Job gemacht. Der rechte Flügel der Republikaner, die Tea Party, verlangt gar eine Neugestaltung der Finanzarchitektur.

"Beispiellose Attacken"

Mishkin sieht diese Rhetorik als "beispiellose Attacken auf die Federal Reserve, von Politik und der Öffentlichkeit". Die Pressekonferenz sei daher ein angemessenes Mittel, um wieder Vertrauen in die Geldpolitik herzustellen. Auch Richard Fisher, Präsident der Federal Reserve Bank of Dallas, will, dass die Fed wieder die Deutungshoheit über die geldpolitische Debatte gewinnt. Wenn nicht die Notenbank ihre Politik erklärt, "wird es jemand anders für uns tun".

Neben politischem Druck steigt auch der Druck an den Märkten. Die Inflationserwartungen für die kommenden Jahre haben sich in den USA seit September verdoppelt, auf 2,4 Prozent Jahresinflation. Zudem stürmen Rohstoffpreise, allen voran Gold und Silber, angesichts von anhaltender Inflationsangst bei Investoren von Rekordhoch zu Rekordhoch. Geht es nach aktuellen Analystenschätzungen, wird Bernanke am Mittwoch die Fed noch nicht von ihrem Kurs abbringen. Doch er wird ein neues Forum haben, um den Kurs gegen die Kritik aus Politik und Wirtschaft zu verteidigen.(Lukas Sustala, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 26.4.2011)