Klagenfurt - Seit 56 Jahren warten die Kärntner Slowenen auf die Erfüllung ihrer im Artikel 7 des Staatsvertrags zugesicherten Volksgruppenrechte. Zwei Regierungskoalitionen scheiterten im letzten Dezennium knapp an einer Lösung der Kärntner Ortstafelfrage. Jetzt scheint es, als wäre man wieder einmal in der Zielgerade. Am Dienstag treffen sich die aktuellen Verhandler zur definitiv letzten "Gesprächsrunde" in Klagenfurt, wie es heißt. Die Eckpunkte sind fixiert: Mehr als maximal 165 Ortstafeln werden es nicht werden, auch über die 17,5 Prozenthürde, ab der zweisprachige Tafeln aufzustellen wären, gibt es keine Diskussion mehr.

Letztere hatte ja insbesondere der Rat der Kärntner Slowenen vehement als zu hoch abgelehnt, während der slowenische Zentralverband und die Gemeinschaft der Slowenen von Anfang an Zustimmung signalisierten und diese sich das auch in einer Urabstimmung unter den Gemeinschaftsmitgliedern mit überwältigender Mehrheit bestätigen ließ. Liegt doch die Zahl der nunmehr vorliegenden 165 Ortstafeln über dem seinerzeitigen Gusenbauer-Vorschlag, der nur 163 vorsah. Sowohl Zentralverband als auch die Slowenengemeinschaft hatten damals zugestimmt.

Nach einem unglücklichen und heftig kritisierten Fernsehauftritt des Ratsvorsitzenden Valentin Inzko war der öffentliche Druck auf den Rat immer stärker geworden, dem von Staatssekretär Josef Ostermayer (SPÖ) und Kärntens Landeshauptmann Gerhard Dörfler (FPK) federführend ausgearbeiteten aktuellen Ortstafelvorschlag zuzustimmen. Inzko, der zunächst auf 175 Ortstafeln bestand, was der Logik des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) einer Zehnprozenthürde entsprechen würde, hat am Wochenende Einlenken signalisiert.

Jetzt ist nicht mehr von Prozentsätzen die Rede, sondern von der Qualität zweisprachiger Ortstafeln, wobei für die Volksgruppe kulturell oder historisch wichtige Orte gegen kleinere Orte getauscht werden sollen, in denen es fast keine Einwohner mehr gibt oder in denen die deutsche und slowenische Bezeichnung fast gleich lauten. Ein gemeinsames Memorandum haben alle drei Slowenenverbände bereits ans Kanzleramt geschickt.

Trotzdem gibt es noch immer Stolpersteine, etwa bei der Amtssprachenregelung, die wie die Ortstafelverordnung von 1977 vom VfGH gekippt und ebenfalls auf zehn Prozent angesetzt worden war. Einige Orte wie Eberndorf oder Sankt Kanzian am Klopeinersee weigern sich jetzt, die Amtssprachenregelung umzusetzen, weil für sie auch dort jetzt die neue 17,5-Prozent-Hürde gilt. Doch Staatssekretär Ostermayer lässt keinen Zweifel daran, dass die VfGH-Erkenntnisse bezüglich zweisprachiger Ortstafeln und Amtssprache umzusetzen sind.

Knackpunkt Finanzpaket

Weitere Knackpunkte sind ein komplettes Finanzierungspaket für Kultureinrichtungen wie etwa die slowenische Musikschule, aber auch ein "Petitionsrecht" der Gemeinden, das die Aufstellung weiterer zweisprachiger Ortstafeln auf Gemeindegebiet ermöglicht, wenn es im Gemeinderat eine Mehrheit dazu gibt. Die Slowenen-Verbände fordern unisono, dass dieses Recht im neuen Volksgruppengesetz ausdrücklich formuliert wird. Eine Streitbeilegungserklärung, die die Kärntner Slowenen bisher immer vehement abgelehnt haben, dürfte vom Tisch sein. Offen bleibt auch, ob es zu einer wie von FPK und FPÖ geforderten Volksbefragung zum Ortstafelkompromiss kommen wird. Fristmäßig würde sie sich nicht mehr ausgehen, wenn das neue Volksgruppengesetz noch vor der Sommerpause vom Parlament beschlossen werden soll.

Sollten sich die Ortstafelverhandler doch nicht einigen können, würde es für die rot-schwarze Regierung eng werden. Denn Ende September endet die von den Verfassungsrichtern vorgegebene Frist für die Umsetzung zweisprachiger Ortstafeln. Dann könnte der sehr vage formulierte Artikel 7 des Staatsvertrags direkt in Kraft treten. Und das wären dann nicht 165 zweisprachige Ortstafeln, sondern ein Vielfaches davon. (Elisabeth Steiner, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25.4.2011)