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Thomas Lurz beklagt unhaltbare Zustände.

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Francis Crippen kam während eines Weltcup-Bewerbes ums Leben

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Köln - Ratten, tote Schildkröten, Holzpaletten mit Nägeln: der deutsche Weltmeister Thomas Lurz hat die katastrophalen Bedingungen beim Langstreckenschwimmen beklagt und den Weltverband FINA harsch kritisiert. "Die Aktiven müssen geschützt werden", forderte der Würzburger im Interview mit Spiegel Online: "Es geht darum, vernünftige Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen."

Beim Weltcup-Auftakt vor einer Woche in Brasilien seien die Verhältnisse katastrophal gewesen, obwohl eine Task Force nach dem Tod des US-Amerikaners Francis Crippen im vergangenen Oktober Verbesserungen angemahnt  hatte. Zwar sei die Wassertemperatur im Bereich der geforderten 18 bis 28 Grad gelegen, "aber im Wasser schwammen Ratten, tote Schildkröten, Algen und sogar ganze Holzpaletten mit Nägeln. Das ist unfassbar gefährlich."

Bei Crippens Tod im Zehn-Kilometer-Bewerb beim Weltcup in den Vereinigten Arabischen Emiraten war das Wasser über 30 Grad warm. "Meine Finger sind stark angeschwollen und man bekam nur sehr schwer Luft", sagte der neunmalige Weltmeister. Lurz hat Zweifel, dass die FINA schnell die Forderungen der Task Force umsetzt. "Weil es schon festgelegte Orte im Wettkampfkalender gibt, die nah an diese Temperaturgrenze gehen." Es gebe Verträge und finanzielle Verpflichtungen.

Probleme könnte es auch bei der WM in Shanghai (16. bis 31. Juli) geben. Die Wassertemperaturen am Jinshan City Beach betrugen nach FINA-Angaben in den vergangenen drei Jahren zwischen 27,2 und 30,3 Grad. Die Freiwasser-Wettbewerbe werden vom 19. bis 23. Juli ausgetragen

Der US-Schwimmverband hatte in einer Reaktion auf die Tragödie um Crippen eine eigene Untersuchungskommission eingesetzt. Vor einigen Tagen präsentierte das fünfköpfige Gremium unter Leitung des ehemaligen IOC-Vizepräsidenten Dick Pound seinen Bericht. Auch darin war die Forderung nach einer Unter- wie Obergrenze der Wassertemperatur ein zentraler Punkt. Des weiteren sei die Einrichtung eines Sicherheitskonzepts während der Bewerbe dringlich.

Eine Überwachung der Athleten müsse ebenso sichergestellt werden, wie die Möglichkeit in Notfällen rasch eingreifen zu können. Beim Bewerb in den Emiraten hatte es beinahe zwei Stunden gedauert, bis Crippens Leichnam gefunden wurde. Eine Prüfung der Umstände, die zu seinem Tod führten konnte nicht fertiggestellt werden, da die FINA vor der Veröffentlichung eines eigenen Berichts die Herausgabe von Daten verweigerte.

Crippen war nach Ende des Rennens von Rettungstauchern leblos im Wasser treibend an der letzten Boje gefunden worden. Die Ärzte im Krankenhaus konnten nur noch seinen Tod feststellen. Als Todesursache wird Ertrinken in Folge eines Hitzschlags vermutet. Am Tag vor dem Rennen hatte der WM-Dritte beim Mannschaftsarzt des US-Teams über Unwohlsein geklagt.

Crippens Teamkollegin Christine Jennings berichtete über Schwindelanfälle und zeitweilige Orientierungslosigkeit. "Ich habe mich einige Male übergeben", sagte Jennings. Danach habe sie sich auf den Rücken gedreht und minutenlang vergeblich versucht, ein Begleitboot auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Jennings rettete sich schließlich aus eigener Kraft ins Ziel und wurde wegen eines Hitzschlags ins Krankenhaus eingeliefert. (red/sid/Reuters)