Foto: STANDARD
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Nach neuen Verdachtsmomenten, wonach EU-Abgeordneter Hans-Peter Martin große Summen aus der staatlichen Parteienförderung in private Kanäle "abgezweigt" habe, wie sein Ex-Kollege Martin Ehrenhauser behauptet, belegen weitere Dokumente und Aussagen von Ex-Mitarbeitern, dass die "Liste Martin" seit 2009 offenbar kaum Aktivitäten als Partei entfaltet hat.

Das Magazin News enthüllte, dass die Liste HPM 2009 mehr als 120.872 Euro an Bürokosten gezahlt habe. Dieses soll in Martins Privatwohnung in Wien angesiedelt sein und über seine Privatfirma laufen. 10.000 Euro pro Monat für 127 Quadratmeter seien "stark überhöhte Preise". Martin verwahrte sich dezidiert gegen diese Vorwürfe, wie auch gegen alle sonstigen Anschuldigungen.

Die Miete sei für "zwei Objekte über einen Zeitraum von drei Jahren", argumentierte Martin, der auch bekanntgab, dass er überschüssige Mittel in eine Art "Aktivitätenfonds" für künftige Wahlkämpfe einzahle. In den in der Wiener Zeitung veröffentlichten Rechenschaftsberichten für 2009 und 2010 (in denen 2,32 Millionen an Wahlkampfkostenersatz abgerechnet sind) ist davon nichts zu sehen. Weder sind dort "Erträge aus Unternehmensbeteiligungen" noch aus "sonstigem Vermögen" angeführt. Umso mehr stellt sich nun die Frage, welche Aktivitäten die Partei in Österreich gesetzt hat, die solch hohe Büroausgaben sinnvoll erscheinen ließe.

Martin ist Geschäftsführer

"Die Partei gibt es gar nicht, das war immer eine Ein-Mann-Partei", behauptete ein früherer Mitstreiter. "Mir ist von einem Büro oder Mitarbeitern nichts bekannt", sagt die EU-Abgeordnete Angelika Werthmann. Martin hat in der ZiB 2 Mittwochnacht selbst darauf hingewiesen, dass er zwischen Partei in Wien und EU-Ebene strikt getrennt habe. Der Frage, wie viele Mitglieder seine Partei habe, wich er aus: "mehr" als zehn. Parteibeiträge, wie sie das Parteienstatut der Liste Martin vorsieht, dürften diese nicht einzahlen: Der Rechenschaftsbericht vermerkt seit 2005 bis heute null Euro, in den Rubriken "Mitgliedsbeiträge" und "Beiträge von Mandataren und Funktionären". Eine Anfrage des Standard auf Aufklärung ließ Martin seit Tagen unbeantwortet. Gemäß Parteistatut, das Martin mehrfach ändern ließ, kann er mit Parteigeldern offenbar schalten und walten, wie er will.

Gab es 2004 noch einen Dreiervorstand (siehe Faksimile auf der Seite), der Martin freilich besondere Rechte einräumte, so ist er seit 2005 faktisch Alleinherrscher: "Der Parteivorstand der Partei besteht aus einem Mitglied, nämlich dem Parteivorsitzenden" - also Martin (Faksimile auf der Seite) . Ein Kassier oder Prüfer, wie sonst in Parteien oder Vereinen üblich, ist nicht vorgesehen. Unter Paragraf 13 (1) heißt es lapidar: "Der Parteivorsitzende vertritt selbstständig die Partei nach außen und ist mit der Geschäftsführung betraut." (Thomas Mayer, DER STANDARD, Printausgabe, 22.4.2011)