New York / Berlin - In China ist der Blog Ai Weiweis längst abgeschaltet, jetzt kann das Internettagebuch des Dissidenten und Künstlers auf Papier nachgelesen werden. Der amerikanische Universitätsverlag MIT Press hat die gesammelten Beiträge des Regimekritikers als Buch herausgegeben, wie der Verlag am Mittwoch in Cambridge bei Boston bestätigte. Das Buch beinhalte auf 320 Seiten die Texte, die Ai vom Start des Blogs 2006 bis zur Abschaltung drei Jahre später geschrieben hatte.

Laut MIT Press schreibt Ai Weiwei in den Blogs viel über das Leben in China und seine Reisen und über seine Kunst. So war er 2007 einer der Stars auf der Kasseler documenta. Ai werde aber auch oft politisch. "Töte, wenn Du willst", schreibt er, "Lasse die Panzer über die Körper rollen. Aber töte nicht im Namen der Gerechtigkeit!" Und später: "Was können sie mit mir machen? Nicht mehr, als mich verbieten, entführen oder einsperren. Vielleicht können sie es anstellen, dass ich mich in Luft auflöse. Aber sie haben keine Kreativität und keine Phantasie. Und sie haben weder Freude noch können sie fliegen. Diese Art von politischer Organisation ist doch erbärmlich."

Ai Weiwei ist seit dem 3. April in Haft. Er war kurz nach der Eröffnung einer Ausstellung deutscher Museen in Peking festgenommen worden. Deswegen waren auch Stimmen laut geworden, die Ausstellung zum Thema Aufklärung im Pekinger Nationalmuseum zurückzuziehen.

Gastprofessur

Ai soll Gastprofessor an die Universität der Künste (UdK) in Berlin berufen werden. Eine entsprechende Förderung habe die öffentliche Einstein Stiftung auf Antrag der Hochschule zugesagt, teilte die Berliner Bildungsverwaltung am Mittwoch mit. Einzelheiten wollen Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD), UdK-Präsident Martin Rennert und der Künstler Olafur Eliasson am Mittwochnachmittag bekanntgeben. Eliasson, am Institut für Raumexperimente der UdK Berlin tätig, ist ein Freund von Ai Weiwei und hatte mit ihm zusammengearbeitet.

Die Autorenvereinigung PEN fordert von der deutschen Bundesregierung mehr Einsatz für Ais Freilassung. "Wir müssen Forderungen stellen und fragen, wo Ai Weiwei ist und was man ihm genau vorwirft", sagte Herbert Wiesner, Geschäftsführer des deutschen PEN-Zentrums.

"Da muss man den Kulturaustausch einklagen. Unsere Bundesregierung ist konkret gefragt", so Wiesner.  Ob der internationale Druck am Ende ausreiche, um seine Freilassung zu erreichen, sei fraglich. Aber: "Man muss es doch wenigstens versuchen", sagte Wiesner.

Er äußerte Zweifel, ob der Kulturdialog mit China so wie bisher weitergeführt werden könne. Dies betreffe auch die Zusammenarbeit beim geplanten Chinajahr 2012: "Es würde den Chinesen wieder die Gelegenheit geben, uns über den Tisch zu ziehen." Man könne nicht ein ganzes Jahr gemeinsame Kultur abfeiern, wenn damit gerechnet werden müsse, dass Künstler und Autoren aus China nicht ausreisen dürften und umgekehrt ausländischen Künstlern die Einreise verweigert werde: "Ich weiß nicht, ob wir mit so einem Land wirklich ein gemeinsames Kulturjahr begehen und feiern können." (APA)