Die Hochzeit von Prinz William und Kate Middleton ist noch nicht einmal über die Bühne gebracht, da richten sich die Gedanken politischer BeobachterInnen in London schon auf die Zukunft. "Ein Baby", sagt beispielsweise Zeitgeschichtsprofessorin Jean Seaton auf die Frage, was sie sich als Nächstes vom Paar erwarte. Paradoxerweise könnte das freudige Ereignis rasch zum Problem für die Monarchie werden - wenn es ein Mädchen wird.

Denn auf der Insel gilt noch immer die männliche Erbfolge - Folge eines Gesetzes von 1701, das auch KatholikInnen vom höchsten Staatsamt ausschließt. Die Vorschrift sei "in der heutigen Zeit ein wenig altmodisch", untertreibt Vize-Premier Nick Clegg. Sollte das Paar als Erstes eine Tochter bekommen, "fänden es die meisten Menschen völlig normal, dass sie dann auch Queen wird". Nach der männlichen Primogenitur-Regel hätte aber ein später geborener Sohn Vorrecht.

"Beleidigung für Frauen"

Die Bemühungen um eine Reform sind zwar nicht ganz so alt wie die Gesetze, denen sie gelten. Doch es gab in den vergangenen Jahren immer wieder Bemühungen von Parlament-Hinterbänklern, die "schon viel zu lang
bestehende Beleidigung von Frauen und Katholiken" abzuschaffen, wie es der Liberaldemokrat Evan Harris formulierte. Vor zwei Jahren war die heikle Angelegenheit sogar Thema in der wöchentlichen Audienz der Queen
(die keine Brüder hatte) für den damaligen Labour-Premierminister Gordon Brown. "Die Leute erwarten, dass wir im 21. Jahrhundert mit Diskriminierung aufräumen", sagte Brown damals, hinterließ das Problem
aber seinem Nachfolger David Cameron.

Dass das anachronistische Gesetz tatsächlich ernst genommen wird, bewies 2008 ein anderer Enkel Elizabeths, Peter Phillips, der in der Thronfolge an elfter Stelle steht. Seine katholische Braut Autumn Kelly konvertierte zur englischen Staatskirche, um Phillips' lächerlich geringe Chance auf ein Leben als britischer Monarch aufrechtzuerhalten.

Peter Kellner vom Demoskopie-Institut YouGov hat keinen Zweifel an der Anpassungsfähigkeit der Monarchie: "Wenn es sein muss, ändern wir die Vorschriften rasch." Dass das Gesetz reformiert werden müsse, ergebe sich, so der Meinungsforscher, schon allein aus der Stimmung in der Bevölkerung. Einer Umfrage des ICM-Instituts zufolge befürworten 89 Prozent der BritInnen die Gleichberechtigung von Männern und Frauen, 81
Prozent wollen die staatlich geduldete Diskriminierung von Katholiken abschaffen.

Konservative ExpertInnen weisen auf die Probleme einer Reform hin. Nicht nur bleibt die Monarchin als "Verteidiger des Glaubens" nominelles Oberhaupt der anglikanischen Staatskirche. Bei einer Regeländerung hätten zudem jene 15 Commonwealth-Staaten ein Wörtchen mitzureden, deren (ebenfalls nominelles) Staatsoberhaupt die Queen bis heute ist.

Es gilt als äußerst unwahrscheinlich, dass sich Staaten wie Australien oder Kanada gegen die Abschaffung einer Diskriminierung nach Geschlecht oder Religion sträuben würden. Viel eher folgen sie dem Beispiel Neuseelands und machen sich ernsthaft Gedanken darüber, was drei Viertel der BritInnen in der ICM-Umfrage weit von sich weisen: die vollständige Abschaffung der Monarchie. (sbo, DER STANDARD, Print, 21.4.2011)