Bild nicht mehr verfügbar.

Innenministerin Mikl-Leitner: Als Zögling der Pröll'schen Machtschule in Niederösterreich eilt ihr der Ruf der Härte voraus.

Foto: APA

Mehr weibliche Polizisten - dieses Ziel wird Johanna Mikl-Leitner, die dritte Frau an der Spitze des Innenministeriums, wohl ebenso wie ihre VorgängerinMaria Fekter verfolgen. Denn die 47-jährige Klosterneuburgerin hatte als niederösterreichische Landesrätin auch für Frauenangelegenheiten die politische Kompetenz - und ein offenes Ohr. Zuletzt sprach sich die Mutter von zwei Töchtern für Dreißig-Prozent-Frauenquoten in staatsnahen Betrieben aus.

Den Ton gaben bei ihrem bisherigen politischen Aufstieg jedoch Männer an. Als erster der unlängst als Europaparlamentarier ins Stolpern geratene Ex-Innenminister Ernst Strasser: Er holte sie 1995 als Marketingleiterin der ÖVP Niederösterreich mitten hinein ins schwarze Machtzentrum. Zusammen übrigens mit Hannes Rauch, der jetzt ebenfalls aufgewertet wird: Er soll künftig die ÖVP-Bundesparteizentrale leiten.

Paris-Hilton-Vergleich

Mit scharfer Zunge und unverbrüchlicher innerparteilicher Loyalität erwarb sich Mikl-Leitner das Vertrauen des Chefs, Erwin Pröll. Für ihn entwarf sie als Landesgeschäftsführerin im Landtagswahlkampf 2003 zum Beispiel den "Lowlander" mit: eine zwölf Zentimeter große Erwin-Pröll-Actionfigur zum In-die-Tasche-Stecken als Werbemittel für die Jüngeren. Von ihm ließ sie sich 2007 beim Landhausball, der traditionell am Tag nach dem Opernball stattfindet, coram publico mit Opernballgast Paris Hilton vergleichen. Mikl-Leitner nahm es hin und widersprach nicht.

Nun wechselt die studierte Wirtschaftspädagogin aus der St. Pöltner in die Wiener Herrengasse, ins Sicherheits- und Polizeiministerium. Politische Erfahrungen in dem machtpolitisch und menschenrechtlich sensiblen Bereich hat sie keine.

Keine Asylrechtserfahrung

Das gilt ebenso für die ministerielle Ewiggroßbaustelle: das Asyl- und Fremdenrecht, sowie für die Ausländerintegration, wo sie mit Sebastian Kurz einen innerministeriell gebundenen und sachlich unbeleckten Staatssekretär zur Seite gestellt bekommt (siehe unten).

"Sie übernimmt das Innenressort mit seiner elendigen Legistik zu einem Zeitpunkt, wo die ohnehin unüberschaubar gewordenen Gesetze erneut kurz vor der Novellierung stehen", kommentiert Madeleine Petrovic, Klubobfrau der niederösterreichischen Grünen. Sie geht davon aus, "dass also, wie gehabt, die Beamten das Ruder führen werden".

Auch Christa Kranzl, niederösterreichische Ex-SPÖ-Landesrätin, schätzt Mikl-Leitner "vor allem als Parteipolitikerin" ein. "Ihr Wechsel an die Spitze des Innenministerium sei "ein gewaltiger Sprung. Sie sollte sich dringend Berater in Sachfragen suchen." (Irene Brickner, STANDARD-Printausgabe, 20.4.2011)

***

Die Baustellen

Schon Freitag in einer Woche, am 29. April, sollen tiefgreifende Änderungen im Asyl-und Fremdenrecht beschlossen werden. Die bis zu siebentägige Anwesenheitspflicht für neu angekommene Asylwerber in den Erstaufnahmezentren und weitere Änderungen sind umstritten.

Auch das Bleiberecht ist nach wie vor höchst lückenhaft, wie fortgesetzte Härtefälle bei Abschiebungen zeigen. Zudem harrt eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), laut der drittstaatsangehörige Eltern österreichischer Kinder Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung bekommen müssen, der Umsetzung.

Bei sechs von zehn angezeigten Strafdelikten lachen sich die Täter ins Fäustchen. Die Aufklärungsquote ist zwar zuletzt leicht gestiegen, bleibt aber mit 43 Prozent im Vergleich zu anderen Ländern zurück. Vor allem in Wien mit einer Erfolgsquote von nur 35 Prozent muss mehr ins Personal investiert werden. Wien trägt die Hälfte der landesweiten Kriminalitätsbelastung, hat aber nur ein Fünftel des Polizeipersonals.

Seit über drei Jahren wird mit der Kriminaldienstreform herumgewurschtelt. Bis heute gibt es trotz Fusion von Gendarmerie und Polizei 2005 keine landesweit einheitliche Organisationsstruktur. Wieder ist vor allem Wien betroffen. Ständig wechselnde Dienstanweisungen und mangelnde Aus- und Fortbildung trüben Kriminalistenkarrieren. (bri, simo/STANDARD-Printausgabe, 20.4.2011)