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Ungarns Regierungschef Viktor Orbán und Vize-Premier Zsolt Semjen stimmen im Parlament für die umstrittene Verfassung.

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Das Parlament bei der Abstimmung über die neue Verfassung.

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Das ungarische Parlament hat am Montag erwartungsgemäß die umstrittene neue Verfassung beschlossen, die am 1. Jänner 2012 in Kraft treten soll. Vorgelegt hatte den für sie maßgeschneiderten Entwurf die rechtsnationale Regierungspartei Fidesz. Diese verfügt im Parlament über die Zweidrittelmehrheit, die für Verfassungsänderungen notwendig ist. Die oppositionellen Sozialisten (MSZP) blieben wie die Grünen der Abstimmung fern.

Die Befugnisse des Verfassungsgerichts wurden beschnitten. Nun darf nicht mehr jeder Ungar vor diesem Gericht klagen, auch Kommunen ist dieser Weg künftig verschlossen. Nur der Staatspräsident, die Regierung oder eine Gruppe, die aus mindestens einem Viertel der Parlamentarier besteht, darf die Überprüfung von Gesetzen durch das Verfassungsgericht verlangen.

Das Gericht darf außerdem jetzt nicht mehr über Gesetze urteilen, die das Staatsbudget betreffen. Verankert ist im Grundgesetz, dass die Staatsverschuldung 50 Prozent des Bruttoinlandsprodukts nicht überschreiten darf.

Die Möglichkeiten der Bürger, über ein Referendum die Politik mitzugestalten, wurden erheblich reduziert. Ein Volksbegehren kann durch die Bürger gar nicht mehr initiiert werden - diese Option wurde gestrichen. Keine Referenden darf es zu Verfassungsänderungen sowie zu den Wahlgesetzen geben.

Über die neue Verfassung kann Fidesz jeder Nachfolge-Regierung das Leben unmöglich machen. Ein sogenannter Haushaltsrat kann jederzeit das vom Parlament beschlossene Staatsbudget per Veto annullieren. Zugleich kann der Staatspräsident das Parlament auflösen, falls das Land nicht termingerecht einen Staatshaushalt hat. Beide Institutionen - Staatschef und Haushaltsrat - werden über mehr als eine Legislaturperiode von Fidesz kontrolliert.

Nach der EU und der UNO hat sich auch die deutsche Bundesregierung besorgt über die neue ungarische Verfassung geäußert. Die im Zusammenhang mit dem neuen Mediengesetz zu Jahresbeginn aufgekommenen Befürchtungen seien "mit der am Montag verabschiedeten Verfassung - und ihrem Zustandekommen - bestärkt statt entkräftet" worden, erklärte der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Werner Hoyer. (Kathrin Lauer aus Budapest/DER STANDARD, Printausgabe, 19.4.2011)