Samstag, zehn Minuten vor Zehn. Vor dem ehemaligen Viehmarkt in St. Marx stehen rund 300 Besucher und warten, dass die Tore aufgehen. Nicht, um sich wie früher vielleicht das beste Rinder-Scherzel auszusuchen, sondern genau den Roller, das Motorrad oder E-Bike, mit dem sie schon immer eine Runde drehen oder eine kleine Ausfahrt machen wollten.

Foto: Wolf-Dieter Grabner

Auf der Fahr2Rad in Wien war dies von 15. bis 17. April möglich. Die Motorradmesse fand heuer zum ersten Mal statt und baut auf ein völlig neues Konzept – angreifen und testen statt anschauen. Insgesamt folgten 21.000 Besucher der Einladung der Motorradhersteller.

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"Wir wollten eine fahraktive Komponente in die Messe einbauen, und sowohl den 125er- und A-Scheinbesitzern, wie auch den Leuten, die keinen Führerschein haben, die Möglichkeit bieten, ihr Traumgefährt auszuprobieren. Wir bieten geführte Touren auf der Straße an, auf einem Indoorparcours kann jeder seine Runden mit einem 50 Kubik Roller, einem Elektro-Bike oder einem 125 ziehen", erklärt Sascha Sobot, Sales und Marketing Manager Yamaha Austria, den Hintergrund der Veranstaltung.

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Das 125er Segment ist auch jenes mit der höchsten Zuwachsrate im Motorradsektor. "Ja, die 125er liegen total im Trend. Du zahlst keine Parkstrafen, weil du keinen Parkschein brauchst, die Versicherung ohne Vollkasko kommt im Jahr auf etwa 100 Euro, und der Verbrauch liegt bei zwei bis drei Liter. Das ist extrem wirtschaftlich.

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Im Motorradverkauf verzeichnen wir heuer, im Vergleich zum Vorjahr, eine Zuwachsrate von 10 Prozent", verrät er. Und das Potential sei noch nicht ausgeschöpft: "In Deutschland sind die R 125 und auch die WR 125 jetzt schon die beliebtesten Motorräder bei den Jungen.

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Wenn ab 2013 die 16-Jährigen Motorrad fahren dürfen, wird es noch einmal einen Boom geben. Man ist legal unterwegs, kann sich ohne weiteres in den fließenden Verkehr integrieren und sogar auf der Autobahn mithalten. Das ist ideal, um Nachwuchs an Motorradfahrern zu generieren."

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Nachwuchs in einem Bereich, der bis dato im Motorradsektor wenig beackert wurde, gibt es bei Yamaha auch – den Elektroroller EC-03. "Ab Oktober kommen die ersten dreißig Stück nach Österreich. 2.799 Euro wird der nur 56 Kilogramm schweren Roller kosten." Camper werden die Hauptklientel für Yamahas Öko-Flitzer werden und sich den Roller auf den Wohnwagen schnallen, ergab der Testbetrieb in fünf europäischen Ländern. Die Reichweite von 46 Kilometer im Standardmodus, bei einer konstanten Geschwindigkeit von 30 Km/h, beziehungsweise die 20 Kilometer, die der EC-03 bei einer Höchstgeschwindigkeit von 45 Km/h im Powermodus runterspult, passen gut zu den Wegen der Individual-Urlauber.

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Ein Gefühl wie neugeboren haben viele Pensionisten, die den Händlern den Roller ebenso aus der Hand reißen. "Pensionisten tun sich manchmal beim Gehen oder Fahrrad fahren schwer, müssen aber trotzdem ihr Einkäufe erledigen oder wollen einfach ihre eigene Reichweite erhöhen. Die sind begeistert vom EC-03", sagt Sascha Sobot, räumt aber doch, vor allem in Bezug auf die Reichweite, ein: "Die Batterietechnologie muss einfach noch besser werden. Sobald es bergauf geht, zuzelt jedes Elektro-Rad und jeder E-Roller so an der Batterie, dass die angegebene Kilometerlaufleistung nicht erreicht werden kann. Das wird noch dauern, bis die Batterien so leistungsstark werden und man sich mit einem Elektro-Roller sowohl über Serpentinen wie auch durch den Stadtverkehr schlängen kann – wofür er ja eigentlich gemacht ist."

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Roller sind wie gemacht für die Stadt, meint auch die Polizei auf der Fahr2Rad. "In der Stadt ist ein Roller sicher das Gefährt der Wahl. Man kann sich an stehenden Kolonnen vorbeischlängeln und kommt so einfach flotter vorwärts. Wofür kauft man sich denn sonst ein Zweirad?"

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An stehenden Kolonnen, inklusive Polizeiwagen, darf man sich bedenkenlos vorbei- und zwischen durchschlängen, solange man niemanden gefährdet. Schleunigst eingliedern muss man sich, wenn die Autoschlange in Bewegung kommt oder sich der Polizeiwagen im Einsatz befindet. Wenn man das Polizeiauto mit funkelndem Blaulicht und gellendem Folgetonhorn dann mit dem Moped überholt, "könnte der Kollege das Gespräch suchen."

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Viele Gespräche führt auch Ewald Ostermann. Er ist Fahrinstruktor beim ÖAMTC und auf der Fahr2Rad, um Fahranfängern wie Fortgeschrittenen am Indoorparcours wertvolle Tipps fürs Motorrad fahren zu geben. "Mit den Anfängern üben wir zuerst das Anfahren und Halten. Wenn sie sich sicher fühlen, schicken wir sie auf die Runde." Die Besucher nehmen die Möglichkeit, verschiedene Produkte von den unterschiedlichen Herstellern auszuprobieren, sehr gut an, sagt der Instruktor, "Ich habe sogar schon so etwas wie Dauergäste, die sich drei- oder viermal zum Probefahren anmelden."

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Eine Viertelstunde pro Durchgang kann man unter der Aufsicht und Anleitung des ÖAMTC probieren und einmal fühlen, ob der Roller oder die kleine Supermoto auf derselben Wellenlänge wie man selber liegt. "Richtig Motorrad zu fahren, kann man aber niemandem in 15 Minuten beibringen. Um sicher zu fahren, braucht man viel Übung."

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In ihrem Leben sicher schon viel geübt haben Supermoto-Crack Andi Rothbauer und die Vienna Street Rockaz. Auf der abgesperrten Straße vor den Rinderhallen zeigen sie Stoppies, Wheelies, Burnouts und akrobatische Einlagen, als hätten sie statt der weit über hundert Kilogramm schweren Maschinen das Ostergeschenk des 3-jährigen Neffen unterm Hintern.

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"Poah" und "das will ich auch können" ist der einhellige Tenor der Zuschauer der Stuntshow.

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"Es klingt vielleicht komisch, aber es kommen immer wieder Leute zu mir in meinen Kurs, die im Alltag Roller fahren", erzählt Andi Rothbauer, der den Besuchern der Fahr2Rad gemeinsam mit den Superbike Freestylern noch mehr Lust aufs Selberfahren macht.

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"Wir haben fast zu wenig Exekutivbeamte, die die Besucher auf ihren Ausfahrten begleiten", sagt Fritz Reichl, BMW-Österreich-Motorrad Chef, über den Andrang für die Probefahrten. Zur jeden vollen Stunde startet eine Gruppe Motorradfahrer zu einer 30-minütigen Ausfahrt, die durch die Stadt, über Landstraßen und für ein kurzes Stück über die Autobahn führt – 400 geführte Fahrten zählte die Arge 2Rad am Wochenende – das Motorrad und seine bevorzugten Reviere kennen lernen in kürzester Zeit sozusagen.

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Neue Reviere im Sinne von Antriebskonzepten kann man sich auf der Fahr2Rad anschauen, sie testen und vergleichen. Die Auswahl an Elektro-Fahrrädern, die zum Probieren bereitsteht, ist groß. Anders sieht es bei den Elektro-Motorrädern aus. Abgesehen vom EC-03, den Yamaha Ende des Jahres auf Österreichs Straßen bringt, gibt es noch kein weiteres rein elektrisch betriebenes, serienreifes Modell auf der Messe.

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Aber sowohl Suzuki wie Honda arbeiten daran, alternative Energien in ihr Antriebsportfolio aufzunehmen. Suzuki wird demnächst mit dem Burgman Fuel-Cell Scooter einen Brennstoffzellen-Roller auf den Markt bringen, "der durchläuft noch letzte Phasen der Entwicklung", sagt Suzuki-Österreich Vertriebsleiter Peter Nesuta.

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Ebenfalls auf dem Weg zur Produktionsreife ist der EV-Neo von Honda. "Wir feilen noch an der Reichweite. Laut einer Studie beträgt die Mindestreichweite, die zum Beispiel für Zulieferdienste wie Pizzaboten ideal wäre, 70 Kilometer. Unser Elektro-Roller wird kommen, aber erst wenn er komplett ausgereift ist", erklärt Michael Rohrmair, Sales Manager Motorrad Honda Austria.

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Richtig ausgereift ist das besucherfreundliche Konzept der Fahr2Rad. Darum wird es sie nächstes Jahr wieder geben, ist Sascha Sobot überzeugt: "Bestimmt. Wir haben heuer mit dem Schwerpunkt auf die 125er und die Elektro-Bikes schon so viel neues Motorrad-Publikum angesprochen, dass wir zuversichtlich sind, im nächsten Jahr mit einem erweiterten Angebot, noch mehr Leute aller Altersklassen fürs Fahren auf zwei Rädern begeistern zu können."

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Yamaha-Gewinnspiel

Der Gewinner des Yamaha Cygnus X ist Stephan Schmidmayr aus Wien. Die Übergabe findet in Kürze statt. Yamaha und derStandard.at gratulieren herzlich!

Foto: Yamaha

Informationen:

Fahr2Rad
Yamaha Motor Austria
Arge 2Rad

Fotos: Wolf-Dieter Grabner

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