Wozu lernen wir? Von links: Moderatorin Karin Bauer (STANDARD), Marlies Buxbaum (bzd), Eva Werner (IMC FH Krems), Alexander Knourek (Schindler Fahrtreppen) und Niki Harramach (Harramach & Partner).

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Ob Professor, Doktor oder Magister, in Österreich wird traditionell viel Wert auf akademische Titel gelegt. Durch den Bologna-Prozess wurden bekannte Graduierungen durch Bachelor und Master ersetzt. Bei der zweiten Masterstudien Lounge am Montag in der Akademie der Wissenschaften wurde über die neue, alte Sinnkrise - Wozu lernen wir? - diskutiert. Für Niki Harramach, Wirtschaftstrainer und Geschäftsführer von Harramach & Partner, steht fest, dass das Erlangen eines Titels nicht die Motivation für Lernen sein kann. "Für Bildung braucht es Lernlust und Lernfähigkeit. Man muss lernen können", sagt er. Ein Masterstudium sei das High End des Bildungsweges, aber alle wichtigen Bildungsschienen würden in den ersten fünf Lebensjahren eingefräst, ergänzt er.

"Durch die akademische Graduierung gibt die Hochschule ein Versprechen ab, dass bestimmte Kompetenzen und Qualifikationen von den Studierenden erworben wurden", fügt Eva Werner, Vorstandsmitglied der Fachhochschul-Konferenz und Rektorin der IMC FH Krems, an. Daher stecke hinter einem Studium sicher mehr als reine Titelsucht. Durch die Bologna-Umstellung wurde eine Flexibilisierung der Karrierewege ermöglicht, ergänzt sie.

Talentmanagement in Unternehmen

Auch für Unternehmen öffnen sich durch Bologna neue Perspektiven, sagt Marlies Buxbaum, Gründerin des Experten-Netzwerkes Berater Zentrum Dorotheergasse (bzd). "Dieser größere Fokus wird ein wichtiger Bestandteil für das Talentmanagement in Unternehmen." Nach erster Berufserfahrung könne bedarfsangepasst ein Master gemacht werden, ergänzt sie. "Jeder Prozess braucht Zeit", fügt Werner an. Bei den Studierenden sei Bologna angekommen, und auch die Unternehmen wissen, welche Qualifikationen Bachelor-Absolventen mitbringen, so Werner.

Alexander Knourek, Finance Manager Europe, Schindler Fahrtreppen International, erlangte seinen Magister an der FH Wien, seinen Doktor an der Wirtschafts-Uni und absolvierte dann ein MBA-Studium in Oxford. "Ich wollte CEO in einem internationalen Unternehmen werden, dafür braucht man mehr als eine Standardausbildung", sagt er. Sinnkrisen habe er, trotz konkreten Karriereziels, dennoch gehabt, aber sein innerer Motor habe ihn angetrieben. Wichtig sei, so Knourek, zwischen den einzelnen Ausbildungen auch praktisch zu arbeiten. "Dann ist die Ausbildung ein perfekter Schlüssel zum Erfolg."

Das richtige Studienfach zu finden sei gerade in der Rushhour des Lebens aber nicht immer einfach, sagt Buxbaum und rät allen, das Beratungsangebot zu nützen. "Durch Bologna gibt es aber die Möglichkeit zur Umorientierung", fügt sie an. Wichtig bei der Entscheidung sei auch die Überlegung, wie der Job nach dem Studium ausschauen könnte, ergänzt Werner. Der Bachelorabschluss sei nur ein Teil des Bildungsweges und nicht das Ende, sagt sie. (Gudrun Ostermann/DER STANDARD; Printausgabe, 15./16.4.2011)