Im Privatkindergarten Al Andalus werden auch Kinder ohne Migrationshintergrund aufgenommen.

Foto: dastandard.at/al-kattib

Impression aus Al Andalus.

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Das Singen arabischer Lieder gehört zum regelmäßigen Programm.

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"Alle Kinder sind gleich, sie haben nur eine andere Geschichte," sagt Samara El Khuli, als sie durch die mit vielen bunten selbstgemalten Bildern und Bastelarbeiten geschmückten Gänge führt. Die Pädagogin mit ägyptisch-österreichischen Wurzeln leitet seit September letzten Jahres die drei Gruppen des Privatkindergartens Al Andalus im 23. Wiener Gemeindebezirk. Was ihr besonders gut an "ihren" insgesamt 75 Kindern gefällt, ist die Offenheit gegenüber anderen Kulturen, die sie hier wie von selbst erlernen: "Für die Kinder ist es ganz normal, dass ihre Spielgefährten auch andere Sprachen sprechen, sie bemerken das gar nicht."

Mehr deutsche Sprachförderung...

Das Singen arabischer Lieder und Vorlesen aus dem Koran gehören zum regelmäßigen Programm, doch auch die spezielle Sprachförderung unterscheidet den im Jahr 2004 gegründeten Kindergarten Al Andalus von einer öffentlichen Kinderbetreuungseinrichtung. "Wir bekommen mehr Sprachförderung, da die meisten Kinder aus Familien mit einer anderen Muttersprache kommen", erklärt El Khuli. "Momentan kommt jeden Tag eine Trainerin vom Magistrat zu uns, die auf spielerische Weise die deutsche Sprache der Kinder fördert." Sonst ist alles so, wie in anderen Kindergärten auch: Je zwei BetreuerInnen pro Gruppe kümmern sich um die kleinen Mädchen und Buben, die an Mini-Tischen auf Mini-Sesseln sitzen oder herumtollen, mit Buntstiften erste Buchstaben malen oder mit Bauklötzen spielen.

... und Förderung der Muttersprache

Neben der deutschen Sprachförderung sei aber auch die Förderung der jeweiligen Muttersprache ein Teil des Konzepts, erklärt Mohamed Abou El-Naga, Direktor des Al Andalus Schulzentrums in der Altmannsdorfer Straße, zu dem neben dem Kindergarten auch eine Volks- und Hauptschule sowie ein Hort gehören. "Kinder, die ihre Muttersprache gut beherrschen, können auch eine weitere Sprache besser lernen", weiß El-Naga - darum wird stets darauf geachtet, dass das PädagogInnen-Team auch den Großteil der Muttersprachen der Kinder abdeckt, um diese etwa in schwierigen Situationen ohne sprachliche Hürden "auffangen" zu können. Momentan sprechen die Betreuerinnen auch Arabisch, Tschetschenisch und Bosnisch - generelle Unterrichtssprache ist aber immer Deutsch.

Sprache, Integration und Charakter

Ein paar Kilometer stadteinwärts, in der Gudrunstraße in Wien Favoriten, betreibt Muhammad Ismail Suk eine ähnliche Bildungsinstitution für Kinder mit Migrationshintergrund. "Obwohl das die meisten so sehen, ich persönlich würde unseren Kindergarten nicht als islamischen Kindergarten bezeichnen", so der gebürtige Österreicher, der vor knapp 20 Jahren zum Islam konvertierte und im Jahr 2002 den Kindergarten Iqra gründete. "Unser Ziel ist in erster Linie das Erlernen der deutschen Sprache, das Integrieren der Kinder in ihre neue Heimat und die Formung eines guten Charakters - und das natürlich nach der Lebensweise des Propheten Muhammad." Speziell Kinder mit nicht-deutscher Muttersprache sollen optimal für den späteren Schulbesuch vorbereitet werden. Insgesamt sind es 300 Kinder aus 24 verschiedenen Ländern, die hier und im dazugehörigen Kindergarten Hilal in zehn Gruppen betreut werden.

Allein entscheiden, welche Religion

Trotz Fokus auf so genannte Migrantenkinder werden in den Kindergärten Iqra und Hilal sowie der dazugehörigen Volksschule auch nicht-muslimische Kinder ohne Migrationshintergrund aufgenommen. "Hier wird niemand gezwungen, mit uns den Koran zu lesen", betont Suk. Wenn Eltern nicht möchten, dass ihr Kind am Koranunterricht teilnimmt, gibt es immer die Möglichkeit, das Kind in der Zwischenzeit von der zweiten Pädagogin, die nicht beim Suren-Lesen dabei sitzt, betreuen zu lassen. Einige Eltern mit anderer oder ohne Konfession störe es aber nicht, wenn ihr Kinder beim Koranunterricht mitmachen, "denn das Kind wird später ohnehin allein entscheiden, welche Religion es annimmt."

Andere Kulturen erwünscht

Auch hier gibt es Parallelen zum Kindergarten Al Andalus. Man ist stolz auf das interkulturelle Team und es wird großer Wert auf Offenheit gegenüber anderen Kulturen und Konfessionen gelegt. "Die Herkunft, das Geschlecht, die religiöse oder ethnische Zugehörigkeit spielen bei der Aufnahme an die Schule keine Rolle", formuliert Direktor El-Naga eine der Leitideen seiner Bildungseinrichtung auf der Website der Schule. "Wichtig erachten wir aber die Bereitschaft, auf andere Kulturen offen zuzugehen, um von den positiven Seiten jeder Kultur zu profitieren."

Kinder lernen schnell

Die Motivationen der Eltern, ihr Kind in einen islamischen Kindergarten zu schicken, seien individuell sehr verschieden, häufig aber sprachlicher Natur. "Es ist schön zu sehen, wie schnell die Kinder Deutsch lernen," meint El Khuli vom Kindergarten Al Andalus begeistert. "Den Fortschritt sieht man ständig, und die Eltern sind sehr dankbar." Auch die Pädagogin selbst schickt ihre Tochter hier in den Kindergarten: "Einerseits wegen der Sprache, weil ich möchte, dass sie mit dem Arabischen aufwächst, und natürlich auch wegen der Religion. Ich finde es einfach besser, wenn sie hier und zuhause praktiziert wird."

Keine muslimische Baufirmen

Was die Konfessionen der BetreuerInnen betrifft, zeigt man sich ebenso offen wie in anderen Belangen. Zwar arbeiten momentan nur muslimische Pädagoginnen im Al Andalus Kindergarten, Voraussetzung sei das allerdings nicht. So war die letzte Leiterin des Kindergartens zum Beispiel eine Christin. "Wir haben nicht-muslimische Pädagoginnen und nicht-muslimische Kinder", verweist Suk von Iqra neuerlich darauf, dass sein Kindergarten für alle geöffnet ist. Er wehrt sich dagegen, als Betreiber eines dezidiert "islamischen Kindergartens" zu gelten, nur weil er bekennender Muslim ist. "Es gibt in Wien viele Baufirmen, die von Muslimen gegründet werden, die sind dann aber keine 'muslimischen' Baufirmen. Ich will diese Abgrenzung nicht. Ich kenne das teilweise von christlichen Kindergärten, wo Mädchen mit Kopftuch nicht aufgenommen werden - so sind wir nicht, und darum möchte ich diesen Vergleich auch nicht haben." (Jasmin Al-Kattib, derStandard.at, 15.4.2011)