Divjak: Zuerst ein- und dann ausladen, das geht gar nicht. Bei mir zu Hause zumindest.

Edlinger: In Salzburg schon. Zuerst wollen sie zur Eröffnung der Festspiele die Rede des berühmten Wirtschaftskritikers, dann laden sie Jean Ziegler wieder aus.

D: Weiß man jetzt, wer an der Ausladung schuld war? Haben die Sponsoren bei Ziegler rote Köpfe bekommen? Oder die Festspiele kalte Füße - quasi in vorauseilendem Gehorsam?

E: Das werden wir nie herausfinden. Toller Interview-Sager von Ziegler neulich: "Die Geldsäcke hätten mir eine halbe Stunde zuhören müssen ..."

D: Jetzt findet die Konfrontation mit dem weltwirtschaftlichen Status quo eben nicht in der schöngeistigen Salzburger Blase statt. Dafür auf der medialen Bühne, mit Logen-Zugang auch fürs gemeine Volk.

E: Nicht mehr die potenzielle Rede ist der Skandal. Der Skandal ist, dass sie wer verhindern wollte. Ein super Eigentor für die Lokalpolitik und Festivalleitung.

D: Hast du Plastic Planet gesehen? Da spricht der Humangenetiker Klaus Rhomberg in Bezug auf die Plastikindustrie davon, dass "die Verdrängungsleistung der Verantwortlichen gigantisch ist". Das passt auch perfekt für diesen Salzburger Eiertanz.

E: Apropos Gesichtsverlust: Auf Facebook geht das ruck, zuck. Bestes Beispiel ist der Peter-Menasse-Fauxpas. Ausgerechnet als - damals noch - Mitarbeiter des Jüdischen Museums eine Attacke mit dem SS-Spruch "Ihre Ehre heißt Treue" zu reiten geht auf einer halbprivaten, halblustigen Plattform wie Facebook nicht. Wenn man zum berühmt-berüchtigten Video, in dem sich John Galliano in der Rolle des Antisemiten gefällt, ein "like" addet, hat man ein schweres Political-Correctness-Problem am Hals.

D: Auch als Big Player im kulturellen Feld kannst du deine Glaubwürdigkeit verspielen. Wenn du nach Jahren aus dem Web-2. 0-Tiefschlaf aufwachst und mir nichts, dir nichts eine private Fanseite mit 25.000 Kontakten übernimmst, wie es zuletzt das Museumsquartier praktiziert hat. Und wenn's dann im Netzwerk rappelt und Kritik laut wird, machst du einfach die Pinnwand dicht. Und nutzt das ganze "one way". Als PR-Dauerfeuer, das keiner will.

E: Mir hat eine Bekannte von einer Wette mit einem Freund erzählt. Der Verlierer musste dem anderen das Passwort des Facebook-Accounts geben. Der Gewinner durfte 14 Tage lang allerpeinlichste Meldungen im Freundeskreis des anderen ausschütten. Sie hatte gewonnen, und durfte posten, was geht. - Frage nicht ...

D: Sehr schön. Ist der Account erst ruiniert ... By the way: Hast du Lust auf eine Wette ...? (DER STANDARD/ALBUM - Printausgabe, 16./17. April 2011)