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Verdacht der Geldwäsche: Avidgor Lieberman.

Foto: REUTERS/Baz Ratner

Mehr als ein Jahrzehnt haben die Ermittlungen gegen den nunmehrigen Außenminister gedauert, am Mittwochabend hat Israels Generalstaatsanwalt sich dazu durchgerungen, Avigdor Lieberman wegen verschiedener Korruptionsdelikte vor Gericht zu stellen. Der Anklageentwurf spricht von Geldwäsche, Betrug und Zeugenbeeinflussung. Auf Geldwäsche stehen bis zu zehn Jahre Gefängnis. Für eine Anklage wegen Bestechung hat das Beweismaterial nicht gereicht. Es gilt als fast sicher, dass Lieberman gezwungen sein wird, von seinen Ämtern als Minister, Abgeordneter und Parteichef zurückzutreten, allerdings frühestens in einigen Monaten, denn er hat zuvor noch das Recht auf eine Anhörung.

Wohl nicht ganz zufällig verlautbarte Generalstaatsanwalt Jehuda Weinstein seine Entscheidung genau zum Zeitpunkt, als in Tel Aviv ein Kongress von Liebermans rechtsgerichteter Partei "Israel Beitenu" lief. Der Gründer und Vorsitzende gab sich am Rednerpult betont gelassen. "Nach 15 Jahren werde ich endlich die Gelegenheit haben, zu beweisen, dass ich immer nach dem Gesetz gehandelt habe, und ihr wisst, ein Wort ist bei mir ein Wort", beruhigte Lieberman das applaudierende Fußvolk.

Der Anklageentwurf wirft dem 52-jährigen gebürtigen Moldawier vor, gemeinsam mit einem Anwalt ein Geschäftsnetzwerk entwickelt zu haben, das er nach 1999, als er im Parlament und in der Regierung saß, "methodisch und vorsätzlich" verschleiert habe. Über Strohfirmen in Israel, Zypern und auf den Britischen Jungferninseln seien Millionenbeträge an Lieberman geflossen. Einer der namentlich genannten internationalen Tycoons, die auf diesem Weg vielleicht ihre Interessen in Israel gefördert haben, ist Liebermans Wiener Freund Martin Schlaff.

Lieberman behauptet, er habe sich aus den Firmen völlig zurückgezogen und deren Leitung seiner damals 21-jährigen Tochter Michal überlassen - die soll jetzt aber auch angeklagt werden. Liebermans Anwälte wollen nach eingehendem Aktenstudium den Generalstaatsanwalt bei der Anhörung überzeugen, die Anklage doch noch fallenzulassen.

Israelische Politiker und Medien kritisierten auch Polizei und Justiz, weil sie so lange ermittelt hatten, ohne zu einer Entscheidung zu kommen. Premier Benjamin Netanjahu äußerte die Hoffnung, dass Lieberman "seine Unschuld beweisen" und "weiterhin der Öffentlichkeit dienen wird". Mit ihren 15 Mandaten ist die Lieberman-Partei die drittstärkste in Israel und wichtigste Koalitionspartnerin von Netanjahus konservativem Likud. (Ben Segenreich aus Tel Aviv, STANDARD-Printausgabe, 15.04.2011)