Und jetzt das "Tune" von Big Ben. Zehn Meter von der Tube Station Lambeth North, gerade vier Stationen von Piccadilly, eine Prime Location in der teuren Londoner Innenstadt - schon gar für ein Billighotel. Schlurft man die finalen Westminster-Bridge-Road-Meter zum Eingang, versteht man den Stolz des Tony Fernandes durchaus: zuerst der Steilflug seiner Low-Cost-Airline AirAsia, und jetzt das Londoner Kronjuwel seiner "Tune Hotels", der malaysischen Billighotel-Kette, die nicht nur an der ersten Europa-Location von sich reden macht, sondern dank eines innovativen Konzepts auch in Asien. "Demand pricing" heißt das System - man zahlt nur, was man auch bestellt.

Das kommt einem bekannt vor. Vielleicht sogar von der Anreise mit einer Billigairline, und es muss keinesfalls Fernandes' AirAsia sein. Der Prozess des Weglassens, der Slalom durch Webmask-Kästchen, die längst zur Internet-Flugbuchung gehören, ist vertraut. Genau: No reserved gourmet meal. Eine Anreise als schwebender Verzicht, bei Ryanair steht sogar die WC-Benutzungsgebühr im Raum. Und bei so gut wie allen anderen die Folterwerkzeuge zusammengepferchter Sitzreihen. Auch sie gehören zur vertrauten Abspeck-Radikaldiät der Low-Cost-Airlines - die nun von der Hotellerie aufgegriffen werden. Genauer: Die "Tune Hotels" interpretieren die Hotelzimmer als Service-Baukasten neu.

Spiegel über dem Betthaupt, zwei Pölster, braunes Bodenfurnier, das kein Eckhaus gekostet haben mag. Dafür ist der Raum des Londoner 35 Pfund-City-Hotels (Promos um 9!) denn doch zu knapp. Überflüssiges wie Minibar, Schreibtischchen, Stühle, Telefon wird aus dem Raum verbannt. Viel mehr als das Doppelbett, eine Minigarderobe, das gläserne Nachtkästchen haben im Mini-Zimmer des Londoner Tune-Hotels nicht Platz. Aber solide wirkt die City-Enklave dennoch. Das "Tune London" hat seine Qualitäten, auch jenseits der Preiskampfzone. Die Mini-Dusche punktet mit ungewöhnlich starkem Brausestrahl, die gute Qualität der Betten - Hochqualitätsmatratzen der Firma King Koil - lässt Tune Hotels mit "One Star Hotels with Five Star Beds" werben. Das TV-Gerät nutzt immerhin die Raumdiagonale zum Polsterrand konsequent aus. Wer die soeben eingefahrene Hotelzimmer-Ersparnis davor verprassen möchte, knipst den Bildschirm vielleicht ja sogar an. Macht zwei Pfund extra.

Womit wir beim Hotel-Menüzettel angekommen wären, der genuinen Spezialität der Tune Hotels. Den Platz für größeres Gepäck stellt der Locker Room des Hotels - gegen den kleinen Aufschlag von zwei Pfund pro Koffernacht. Genauso viel kostet der Safe und der Leih-Föhn, während man Handtücher schon um einen Pound Stirling das Stück reibt. Bei weiteren Posten scheiden sich vielleicht die Gäste-Geister: Neue Bettwäsche nach nur einer Nacht? Kann man sich und der Umwelt eigentlich ersparen. Auf die Komplettreinigung - Kostenpunkt happige 7,50 Pfund - greifen ohnehin nur hoffnungslose Billighotel-Schnösel zurück. Zero Seife und Shampoo? Wer verabsäumt hat, all das im letzten Hotel vorsorglich zu klauen, den straft nun das Tune-Management - und streift für die Kopfwäsche weitere One-Fifty ein.

Je früher man bucht, desto günstiger sind die Preise. 12.566 Personen gefällt das, wie man von der Tune-Hotel-eigenen Facebook-Community erfährt. Allein fürs hochpreisige London sind 14 weitere "Tunes" geplant, weltweit rund hundert Häuser - zwei Drittel davon in Indien. Drei Dollar pro Nacht reichen nicht selten, zumal in den asiatischen Hotels, die die malaysische Billigkette bereits aus dem Boden stampfen ließ: in Manila, Bangkok und Pattaya, in Jakarta und an Balis Kuta Beach.

Wobei: andere Städte, andere Tunes. In manchen Häusern sorgen Werbeposter statt Hotelbildern für Extraeinnahmen, schnurrt die AirCon nur gegen Zusatzmiete, während das Airport Tune Hotel des malaysischen LCCT Airports nicht nur den Hotelraum, sondern auch die Nachtruhe in etwas kleinere Einheiten zerstückelt - und Kurznacht-Tarife anbietet. Schnell mal duschen, sich ganz wenige Stunden ausstrecken, bevor die ermüdende Fernreise weitergeht - zunehmend wissen gelernte Traveller auch das Halbnacht-Zimmer zu schätzen. (Robert Haidinger/DER STANDARD/Rondo/15.04.2011)